In den Therapeuten verliebt – hat er auch Gefühle für mich?

Er war während der Therapie und danach immer sehr nett zu mir, aber sonst nichts… Soll ich ihm deutlicher zeigen, dass ich ihn liebe?

Hallo Beatrice.
Seit 2 Jahren liebe ich (25) einen Mann. Er ist 48 Jahre alt, verheiratet (aber vom Hörensagen her nicht sehr glücklich) und von Beruf Therapeut. Ich bin Krankenschwester und er arbeitet in der selben Klinik, es ist eine recht kleine Klinik, alle kennen sich untereinander. Er merkte es als einziger, dass es mir seelisch nicht so gut ging, sprach mich darauf an und half mir sehr gut; das heißt, er machte eine Psychotherapie mit mir; ich hatte nicht verarbeitete Konflikte in der Vergangenheit.
Er war während der Therapie und auch danach immer sehr nett zu mir und fragte mich öfters, wie es mir geht und wie ich arbeiten muss. Die ganzen zwei Jahre schon habe ich den Eindruck, dass er meine Gefühle erwidert. Mein Gefühl kann mich doch nicht so lange täuschen, oder? Er weiß seit 3 Monaten, dass ich ihn liebe, durch eine Freundin von mir. Ich hatte es aber per Whatsapp verharmlost. Danach war er anfangs sehr reserviert. Jetzt ist er wieder locker. An seinen Blicken sehe ich oder glaube ich zu spüren, dass er was für mich empfindet, und auch daran, dass er mich einfach versteht.
Er sagte zu meiner Freundin, dass ich mir bei ihm einen Termin holen soll, um darüber zu reden, aber ich habe nicht den Mut dazu. Seitdem sprach er mich nicht mehr darauf an.
Was soll ich nur tun? Ich liebe ihn so sehr. Ich denke nur noch an ihn. Wie erkenne ich ganz sicher, dass er was von mir will? Ohne dass ich ihn darauf ansprechen muss.
Vielleicht traut er sich selbst nicht den ersten Schritt zu machen. Wenn ich wüsste, dass er meine Gefühle erwidert, dann würde ich auf ihn zugehen.
Bitte hilf mir, denn ich kann nicht mehr.
Antje (25)

Hi Antje,
du wirst es nicht gern hören, aber es kommt total oft vor, dass sich eine Patientin in ihren Therapeuten verliebt. Klar, er ist der “Retter”, der Mann, bei dem “alles gut wird”. Unter Fachleuten gibt´s da sogar eine Menge Diskussionen, wie ein Therapeut mit so einer Situation umgehen soll. Denn schließlich will er die Patientin ja weder vor den Kopf stoßen noch verlieren. Und einlassen darf er sich auch nicht auf sie, das verstößt gegen das Berufsethos (abgesehen davon gehen solche Beziehungen meist nicht gut! zu viel Ungleichgewicht! und dann ist er auch noch doppelt so alt wie du!). Also reagieren die meisten ungefähr so wie dein Therapeut: er geht nicht auf die Liebesbekundung ein, ist erst mal reserviert, aber bleibt weiterhin sehr freundlich. Dass er freundlich und verständnisvoll ist, gehört zu seinem Beruf! Schließlich soll der/die Patient/in ja Vertrauen zu ihm fassen. Auch dass er Interesse an deiner Person hat und dich intensiv anschaut, gehört zu seinem Beruf. Doch leider wird das alles oft fehlinterpretiert, so wie wahrscheinlich auch von dir.

Blicke? In Blicke kann man viel hineinphantasieren, vor allem wenn man so verzweifelt verliebt ist wie du. Ich denke nämlich, dass er dich auf jeden Fall wissen lassen würde, wenn er deine Gefühle erwidert. Dass er hingegen einen “Termin” mit dir machen will, um darüber zu reden, weist darauf hin, dass er die Angelegenheit beruflich betrachtet.
Du solltest diesen Termin wahrnehmen, denn dann hast du wenigstens Klarheit.

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Herzlichst
Beatrice Poschenrieder