Seit sie der Psycho-Klinik war, geht sie fremd und gibt mir die Schuld an allem
Ich fand raus, dass die Affäre mit dem Kerl aus der Klinik immer noch läuft, nun wirft sie mir Vertrauensbruch vor und will eine Auszeit!
Hallo Beatrice,
ich bin völlig am Ende und weiß echt nicht mehr weiter. Ich bin seit 10 Jahren verheiratet, habe einen 7jährigen Sohn, und 9 Jahre lang hatte ich im Großen und Ganzen den Eindruck, alles wäre mehr oder weniger ok. Dann entwickelte meine Frau plötzlich starke psychische Probleme, war 1 Jahr arbeitsunfähig und davon 3 Monate in einer psychosomatischen Klinik. Irgendwie bin ich wohl auch einer der Auslöser.
In der Psycho-Klinik lernte sie einen Mitpatienten kennen, ließ sich auf ihn ein und wollte schließlich nicht mehr nach Hause zurück. In dieser Klinik sagte man ihr auch noch, es sein ein Fehler gewesen mir gegenüber sowas zu gestehen, das wäre nach ihrem Krankheitsverlauf nicht ungewöhnlich, blabla. Wir hatten uns dann auf eine Paartherapie geeinigt, die zwar zeitweilig Erfolg hatte, aber schon damals sah sie nicht ein, keinen Kontakt mehr mit ihm zu haben, wenn wir weiter zusammen bleiben wollten. Ich konnte aber schließlich nichts dagegen tun. Ich liebte und liebe sie ja immer noch, bis es schmerzt. Wir näherten uns wieder etwas an, sie lebte wieder mit mir und unserem Kind, bis vor 3 Tagen.
Ich hatte seit einiger Zeit wieder ein seltsames Gefühl: sie erhielt laufend SMS, ging zum Telefonieren meist raus, mailte zigmal am Tag und ging noch spät abends an den Rechner, um Emails zu lesen. Ich schaute dann, von Zweifeln getrieben, ihr Handy durch und BINGO: Eindeutige SMS von diesem anderen, Berichte über Treffen an ihre Freunde und Freundinnen, auch teils Ex-Patienten. Schock! Was tun? Zunächst habe ich 2 Monate gar nichts getan, wir hatten weiterhin normalen Sex, naja. Dann dachte ich, schau mal ihre Mails an, hatte zwar ein schrecklich schlechtes Gewissen dabei, aber ich wollte mehr wissen. Dabei kam heraus, dass sie mit einem zweiten Mann ziemlich versauten Email-Kontakt hat, diesen auch trifft. Sie beschreibt ihr Verlangen nach außerehelichem Sex und lässt von ihm Nacktbilder schicken. Eine Woche zuvor hat sie sich mit diesem Typ in einer Kneipe sehr angeregt unterhalten und ich sah schon genau, dass er sie anbaggert und sie drauf reagiert. Was hab ich getan? Nix, dachte, sei nicht so spießig. Das Beste ist ja, dass unser Sex in den letzten 6 Wochen so super war wie noch nie, sie wollte ständig und überall, erzählte, wie klasse das sei usw.
Jedenfalls hielt ich es letzte Woche Donnerstag nicht mehr aus und habe ihr mitgeteilt, ich wisse von jemand anderem über ihre Treffen mit den besagten Namen. Reaktion: “Was hast du getan?” Woher ich sowas wisse, wer will sie da in die Pfanne hauen?
Ich merkte, dass wenn ich nun zugab ihre persönlichen Emails auszuspionieren, alles aus sei. Also hab ich angefangen die Lügengeschichte auszubauen, ein Bekannter habe für mich ihr Passwort gehackt und mich dann unterrichtet.
Reaktion: Sie hat zunächst zugegeben, dass der Email-Kontakt eindeutig war, die Treffen harmlos, kein Sex. Na gut, ich bin nicht nachtragend, und im übrigen hätte sie ihr Verlangen nach Sex mit zwei Männern nur äußern brauchen, ich bin da sehr offen, solange ich dabei bin, ist das für mich kein Betrug, sondern kann anregend sein. Diese Idee fand sie zwar aufregend, hat aber nicht reagiert.
Einen Tag später eröffnete sie mir, dass sie so sehr von meinem Verhalten, dem Vertrauensbruch schockiert sei, wenn Kind, Haus und meine derzeitige gesundheitliche Situation (Arm gebrochen, Gips) nicht wären, würde sie eine zeitweilige Trennung einläuten.
Ich sagte daraufhin, dass ich ab dem nächsten Tag zu meinen Eltern ziehe, da ich noch eine Weile arbeitsunfähig bin.
Wir sind nicht im Streit auseinander; wenn ich meinen Sohn sehen will, der meint, der Papa sei wegen der Versorgung mit Gipsarm bei den Großeltern, können wir uns in den Arm nehmen. Sie sagt, diese Trennung könne eine Chance für uns sein. Ich habe Angst, dass sie merkt, ohne mich genausogut, wenn nicht besser zu leben.
Ich dagegen leide wie ein Hund, Freunde habe ich keine, hat sich im Lauf der Jahre so ergeben, sie war mein bester Freund. Ich ersticke fast.
Wenigstens war ich jetzt mal ne halbe Stunde ohne Heulen beschäftigt.
Danke und Gruß von Sascha (41)
Lieber Sascha,
ich hoffe, du hast dir mittlerweile nichts angetan und hast auch den schlimmsten Schmerz hinter dir – ich meine den, der einen zu Boden wirft, wie ein Messer in den Eingeweiden wütet, den Hals zuschnürt, auf der Brust lastet wie ein Grabstein… Natürlich ist immer noch viel Schmerz da, aber er sollte von Tag zu Tag weniger grimmig sein.
Du schreibst: “Ich leide wie ein Hund, Freunde habe ich keine, hat sich im Lauf der Jahre so ergeben, sie war mein bester Freund. Ich ersticke fast.”
Ich bitte dich, während du dies liest, dich zurückzulehnen und ein paarmal tief durchzuatmen.
Sascha: Ruhig Blut! Du wirst überleben, egal was passiert! Und: Noch ist nicht alles verloren!
Als erstes, das Erstickungsgefühl kommt zum Teil auch daher, dass dein Schmerz und deine Sorgen zu wenig rauskönnen. Auch wenn es für dich schwer ist: du musst dich anderen anvertrauen, mit ihnen darüber reden, was geschehen ist! Über alles! Ohne Zensur. Was ist mit deinen Eltern?
Zweitens, es ist ein großer Fehler, im Lauf einer Beziehung Freundschaften zu vernachlässigen. Denn wenn diese zerbricht, zieht es einem um so mehr den Boden unter den Füßen weg. Klar, denn du hast kein Netz, was dich auffängt.
Auch während einer Beziehung braucht man Freunde. Zum Beispiel um mit ihnen Beziehungsprobleme zu besprechen. Damit sie es grade rücken können: zum Beispiel ob DU Mist gebaut hast, oder deine Frau.
Wenn du Freunde hättest, wären sie über den Verlauf der Geschichte jetzt genauso verwundert wie ich. Sie würden sagen: “Sag mal Sascha, läuft deine Frau nicht rund? Was ist denn mit DER los??? Hör mal, SIE baut hier Scheiße, nicht du.”
Du lässt dir jetzt dauernd den schwarzen Peter zuschieben. Sie betrügt und belügt dich und dreht dir dann auch noch nen Strick draus, dass du “Vertrauensbruch” begangen hättest. BITTE??? Ich meine, WER hat hier echten Vertrauensbruch begangen und den anderen mehrfach durch sein Verhalten schockiert??
Wo bleiben dein Realismus, deine Selbstliebe, deine Selbstachtung?
Deine Verlustangst, dein Kummer, deine Angst vorm Alleinsein sind derzeit so groß, dass du offenbar nicht mehr klar siehst, was hier abgeht.
Überleg mal, was wäre, wenn DU statt ihrer die psychischen Probleme entwickelt hättest. Du gehst in ne Klinik, kommst irgendwie auf den Trichter, dass deine Partnerin an allem schuld ist, und fängst an, mit allen möglichen Frauen rumzumachen. Würde deine Frau dann auch so zu Kreuze kriechen wie du jetzt?
Bitte lies dazu auch: «Warum kritisiert und korrigiert mich mein Partner immer wieder?»
Okay, aber du willst sie ja zurückkriegen. Dazu brauchst du jemand, der einen klaren Kopf hat und eure Beziehungs-Geschichte analysiert und dann Lösungsstrategien entwickelt. Vermutlich hast du im Lauf der Beziehung auch einigen Mist gebaut – hier müsste man ebenfalls ansetzen. Damit du Änderungen einleitest, die bewirken, dass deine Frau sieht: aha, die Gefahr ist nicht mehr so groß, dass das Gleiche passiert wie früher, also kann ich jetzt eher zu ihm zurückgehen.
Suche einen guten Paarberater oder einen Coach, irgendwen, der einen scharfen Verstand und fundierte psychologische Kenntnisse hat.
Was noch? Versuche, dich nicht wie ein Ertrinkender an deine Frau zu klammern. Du bist stark und klug genug, um ein Weilchen auch ohne sie klarzukommen. Je mehr Abstand du hältst, desto eher kann sie dich vermissen und wieder wertschätzen lernen. Bitte fang schon morgen damit an, einen Freundeskreis aufzubauen. Es macht auch nichts, dass du aus einer Art Notlage heraus auf die Leute zugehst. Fast jeder Mensch hilft gern und fühlt sich gern gebraucht.
Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder