Wenn ich mich von meiner Frau trenne, wird sie mir unseren Sohn vorenthalten

Hallo Beatrice,
Seit nun gut 9 Monaten stecke ich in einer für mich ausweglosen Situation. Wo fange ich an? Seit 5 Jahren sind Verena (33) und ich (37) verheiratet, waren vorher schon 8 Jahre zusammen, haben ein Haus gebaut und seit 3 Jahren einen Sohn. Vor 11 Monaten habe ich eine Frau (Janine, 26) kennengelernt, die mein Leben (vor allem mein Gefühlsleben) dermaßen aus der Bahn gebracht wie ich es mir nie hätte vorstellen können.
Ich stand mit einem Kumpel an der Theke, als sie dazukam; ich war sofort fasziniert von ihr. Wir verstanden uns auf Anhieb wunderbar, verbrachten die gesamte Zeit des Abends zusammen und tauschten am Ende noch Emailadressen aus. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mir sofort klar, dass der Abend etwas in mir verändert hat, denn mein erster Gedanke war einfach nur Janine.
Als ich dann nach ein paar Tagen immer noch wie ferngesteuert war, wurde ich schwach und schrieb Janine eine Mail. Die Antwort kam prompt und wir telefonierten am nächsten Tag. Es folgten zwei mehr oder weniger zufällige Treffen und dann das erste Date. Es stellte sich ziemlich schnell heraus, dass auch in Janine etwas vorging, was sie bis dahin nicht kannte.
Wir hatten uns ineinander verliebt und so passierte es: nach einiger Zeit schliefen wir das erste mal miteinander. Es erweckt jetzt wahrscheinlich den Anschein, dass das Ganze von beiden Seiten skrupellos abgelaufen wäre, dem war aber nicht so, wir hatten beide Gewissensbisse.
Wenn wir uns ein paar Tage nicht sahen, wurde ich vor Sehnsucht nach ihr fast verrückt. Dabei möchte ich betonen, dass bei unseren Treffen nicht nur Sex eine Rolle spielte, wir konnte auch einfach nur stundenlange Gespräche führen und es genießen, einfach nur zusammen zu sein.
Immer öfter zweifelte ich an meiner Ehe, in der ich mich auch früher schon mal fragte: “War´s das jetzt?” oder auch, “liebe ich Verena wirklich noch oder haben wir uns einfach nur sehr aneinander gewöhnt?” Das habe ich dann mit dem Gedanken verdrängt, dass das eben in einer Beziehung nach langer Zeit so ist. Viele Dinge, die einfach mal angesprochen gehörten, wurden einfach totgeschwiegen.
So lief die ganze Sache etwa 4 Monate. In der Zeit lernten wir uns ziemlich gut kennen. Bis Verena mir auf die Schliche kam. Du kannst dir sicher vorstellen, was da zuhause los war. Eigentlich dachte ich mir, jetzt liegt die Entscheidung nicht mehr in meiner Hand. Aber Verena wollte auch unseres Kindes zuliebe unserer Beziehung eine Chance geben, wenn ich jeglichen Kontakt zu Janine abbreche. Das tat ich, obwohl ich mir absolut nicht vorstellen konnte, von Janine nichts mehr zu hören und nichts mehr zu wissen.
Die Beziehung zu Verena verbesserte sich keinesfalls. Wie sollte sie auch, wenn ich ständig nur an Janine denken konnte. Nach einiger Zeit quälte mich der Gedanke, dass mein Kopfzerbrechen evtl. schon überflüssig wäre, da Janine mit mir schon abgeschlossen hätte und schon jemanden anderes kennengelernt hat. Dabei merkte ich auch, wie eifersüchtig ich darüber wäre.
So rief ich sie nach ca 4 Wochen Funkstille wieder an und erfuhr von ihr, dass für sie die Zeit genau so schrecklich war und sie sich nicht vorstellen konnte in nächster Zeit einem anderen eine Chance zu geben.
Es dauerte nicht lange und wir trafen uns wieder. Obwohl es mich anwidert, ließ ich mir (und lasse mir auch jetzt noch) ständig neue Ausreden und Lügen Verena gegenüber einfallen, nur um mich mit Janine treffen zu können. Nun kam bei mir auch noch die Angst dazu, Janine könnte einen anderen kennenlernenn mit dem es nicht so kompliziert wäre. Sie versucht mich immer zu beruhigen, sie würde nicht mal einem anderen eine Chance geben, auch wenn sie es wollte, aber sie könne und wolle auch nicht ständig zu hause sitzen und darauf warten, bis ich mich wieder mal daheim loseisen könnte.
Sie zu treffen, war jetzt natürlich schwieriger geworden, denn Verena ist verständlicherweise sehr misstrauisch. Aber irgendwie geht es trotzdem schon wieder fast 4 Monate, in denen auch erhebliche Frust-Phasen dabei sind.
Wir sprachen in dieser Zeit nicht nur einmal über die Konsequenzen und Schwierigkeiten, die auf mich und auch uns zukommen würden, wenn ich mich von Verena trennen würde (z.B. würde mir Verena aus jetziger Sicht nur ein Minimumm an Kontakt zu unserem Sohn gewähren). Ich weiß nicht, ob ich irgendwann damit aufhören könnte, mir Vorwürfe zu machen, wenn ich meine Frau und meinen Sohn im Stich lassen würde.
Andererseits bin ich in Janine so vernarrt, dass ich einfach zu Verena nicht mehr so sein kann, um das bisschen an Gefühlen, das übriggeblieben ist, noch zu retten oder wieder zu verstärken. Zur Zeit ist unsere Ehe der sprichwörtliche Trümmerhaufen. Ich kann einfach keine Entscheidung treffen, obwohl ich genau weiß, dass ich das muss, um wieder ein normales Leben führen zu können. Mir ist auch klar, dass mir Verena die Entscheidung abnehmen wird, wenn ich mich nicht schleunigst ändere. Dieses ständige Gefühl, mit den Konsequenzen so oder so nicht fertig zu werden, ist einfach zermürbend.
Es ist nicht das Optische (meine Frau ist sehr attraktiv), auch nicht die Möglichkeit einen wesentlich jüngere Partnerin zu haben, was mich an Janine so fasziniert, es ist ihre für mich unbeschreibliche Art.
Bei mir herrscht absolute Verzweiflung. Wie soll ich zu Verena jemals wieder so sein können wie es in einer Ehe sein soll, wenn ich mich so stark zu Janine hingezogen fühle. Andererseits kann ich mir auch nicht vorstellen von meinem Sohn getrennt zu leben. Außerdem habe ich riesen Schiss davor, mir später einmal Vorwürfe zu machen, jetzt so verantwortungslos und egoistisch gehandelt zu haben.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter, vielleicht würde mir die Sichtweise einer neutralen Person helfen…
Robert (37)

Ich liebe eine andere, aber ich will den Umgang mit meinem Kind nicht verlieren
Verliere ich den Zugang zu meinem Kind, wenn ich mich von meiner Frau trenne?

Hi Robert,
bevor ich was dazu sage, wüsste ich gern noch etwas mehr.
1) Liebt Verena dich? Ich meine, aus vollem Herzen? Oder hängt sie auch eher aus Gewohnheit an dir?

2) Bevor du Janine kennengelernt hast, wie war eure Beziehung da:
a) War sie noch liebevoll?
b) Wieviel Zärtlichkeit habt ihr noch ausgetauscht?
c) Wie oft habt ihr noch miteinander geschlafen?
d) Gingen Zärtlichkeit und Sex mehr von dir oder von ihr aus?
e) Hattet ihr oft Streit?
f) Habt ihr noch viel miteinander geredet? ich meine, richtige gute Gespräche geführt?

3) Wie würde der Alltag mit Janine aussehen? Welche Gemeinsamkeiten habt ihr? Welche Probleme könnte es geben?

4) Würde eine Scheidung von Verena eine unerträgliche finanzielle Situation für dich herstellen?

5) Würde Verena dir den Sohn auf Dauer entziehen? Oder ist vorstellbar, dass sie sich irgendwann mit der Trennung abfinden würde und dich deinen Sohn oft sehen ließe?

6) Was hat Verena in letzter Zeit getan, um um dich zu “kämpfen”?
Bitte antworte…
Beatrice
 

Hi Beatrice,
ich glaube schon, dass Verena mich noch liebt. Aber ob es aus vollem Herzen ist, kann ich schwer einschätzen, denn sie ist nicht besonders gut im Zeigen von Gefühlen. Sie hat mir jedenfalls schon länger nicht mehr gesagt, dass sie mich liebt, und jetzt sind die Umstände ja auch nicht dementsprechend. Aber ich kann mich an die Worte erinnern, die sie vor ein paar Wochen sagte: “Ich würde dich ungern hergeben, aber wenn es nicht anders geht, dann ist es eben so”. Ich befürchte aber, wenn unser Sohn nicht wäre, hätte sie unsere Beziehung schon aufgegeben.

Ob unsere Beziehung vor Janine noch liebevoll war? Hmm. Sicher gingen wir Hand in Hand spazieren oder auch das Küsschen zur Begrüßung oder zum Abschied war ganz normal. Aber wenn du mit liebevoll meinst, man sagt dem anderen oft zeigt, wie sehr man ihn liebt, muss ich mit nein antworten.

Zum Austausch von Zärtlichkeiten: Wir haben uns z.B. in den Arm genommen und gedrückt, wenn der andere Trost brauchte, oder auch Rücken kraulen, wenn man zusammen auf der Couch sitzt, war ganz normal. Aber so richtig kuscheln und schmusen (außer bei Sex), das ist schon ein Weilchen her. Verena begründete dieses, dass ich das irgendwann immer seltener wollte. Ich glaube, sie hat recht damit. Mir ist dazu ein kleines Detail
aufgefallen. Ich kann es nicht haben, keine Ahnung warum, wenn Verena mir übers Gesicht streichelt. Macht Janine das, genieße ich es.
Wie oft wir miteinander geschlafen haben, war sehr unterschiedlich. Mal zwei, drei Wochen gar nicht, dann wieder öfter. Aber so richtig oft, vielleicht 3-4mal die Woche, das liegt jedenfalls schon so lange zurück, dass ich mich nicht daran erinnern kann. Ich bin in dieser Hinsicht eher der spontane Typ. Was aber nicht heißen soll, nur Quickies machen mich an, im Gegenteil, ich steh auf ausgiebiges Vorspiel. Verena ist eher der Typ, bei dem vorher einfach alles passen muß. Manchmal hatte ich den Eindruck, sie sieht es als eine Art heilige Zeremonie (etwas übertrieben formuliert). Die Initiative für Sex ging praktisch nur von mir aus.
Ich finde es etwas eigenartig, dass sich in diesem Punkt einiges geändert hat, seit Verena von Janine weiß. Obwohl Verena zumindest wohl immer geahnt hatte, dass der Kontakt zu Janine nach der Unterbrechung wieder aufgelebt ist, hatten wir eine Zeit lang wirklich guten und unkomplizierten Sex. Verena begründete dies so: Sex hätte jetzt in ihren Augen nicht mehr nur was mit Liebe zu tun. Sie holt sich jetzt einfach, wonach ihr ist. Inzwischen will sie aber wieder in getrennten Zimmern schlafen.

So richtig Streit gab es bis auf wenige Ausnahmen nur wegen meiner Mutter. Nachdem meine Eltern nur einen Katzensprung entfernt wohnen, hat es meine Mutter, vor allem nachdem unser Sohn da war, mit den Besuchen wirklich übertrieben. Ich wollte in diesem Punkt unbedingt einen Kompromiss erreichen (meine Mutter sollte ihre Auftritte einschränken und Verena etwas toleranter sein). Das funktionierte aber nicht. Inzwischen ist es bei Verena schon Hass geworden. Wäre wohl besser gewesen, mich bedingungslos hinter Verena zu stellen.
Ansonsten gab es eigentlich wenig Grund für richtig heftigen Streit.

Ich finde eigentlich schon, dass wir gut miteinander reden können, wenn auch die Hauptthemen aus dem Alltagsbereich kommen (Kind, Beruf). Wir erlebten einfach schon lange nicht mehr viel Besonderes zusammen, das anderen Gesprächsstoff lieferte.

Zum Alltagsablauf: Einig sind Janine und ich uns darüber, dass jeder seinen eigenen Haushalt fürs erste beibehalten würde. Wir würden uns wohl auch aus beruflichen Gründen nicht täglich sehen.
Gemeinsamkeiten liegen zumal im beidseitigen sportlichen Interesse. Ausserdem hat Janine einen großen Bekannten- und Freundeskreis, zu dem auch Leute meiner Altersklasse gehören. Wir wären einfach viel unterwegs. Und in Sachen Ausgehen liegen wir auf einer Wellenlänge.

Ein großes Problem sehe ich darin, damit klar zu kommen, meine Familie im Stich gelassen zu haben, und ich mir deshalb zu oft Vorwürfe machen würde.
Natürlich ist auch die Gefahr, dass es mit Janine und mir nach einiger Zeit nicht mehr so gut klappt und ich dann in gewisser Weise vor dem Nichts stehe, nicht unerheblich.
Janine hat zwar jetzt kein Problem damit, dass ich ein Kind habe, aber akzeptiert sie das später auch noch?

Ob es finanziell unerträglich werden würde, hängt von der Höhe des Unterhaltes ab, den Verena einfordern könnte. Bei einem Gespräch dazu sagte sie, es wäre nicht in ihrem Interesse, mich finanziell zu ruinieren, aber sie wolle sich und unseren Sohn ein gutes Leben ermöglichen; das ist natürlich auch in meinem Sinne. Jedenfalls wolle sie, sobald er in den Kindergarten geht, ihre jetzige Arbeitszeit von 10 Stunden/Woche auf eine volle Halbtagsstelle erhöhen.

Zur Zeit reden wir auf einer relativ vernünftigen Basis über unser Problem und dabei zeigt sich, sie würde mir unseren Sohn wohl doch öfter überlassen, als sie es am Anfang meinte.

Kämpfen tut Verena mit Argumenten wie z.B.: Ich würde Janine ja nicht gut genug kennen, um alles andere einfach wegzuwerfen. Auch die Nachteile, die unser Sohn durch eine Trennung erleiden würde, führt sie mir vor Augen. Aber im Grunde erwartet sie von mir die ersten Schritte zu Verbesserung unserer Beziehung.
Danke im voraus
Robert
 

Hi Robert,
für mich sieht es nicht so aus, als ob deine Frau dich noch liebt. Sie hat dich gern, sie braucht dich, sie ist dich gewohnt – aber Liebe ist was anderes. Und du liebst sie auch nicht mehr.
Du musst abwägen: Willst du ein Leben ohne Liebe, aber deinen Sohn täglich sehen und dein Gewissen beruhigen; oder willst du ein Leben mit einer Frau, die dich liebt und die du liebst, aber deinen Sohn nur ca. zweimal die Woche sehen? Ich denke nämlich nicht, dass deine Frau ihn dir vorenthalten würde. Sie scheint mir eine recht vernünftige Frau zu sein. Natürlich ist sie gekränkt, dass du eine andere hast, aber sie würde sich dran gewöhnen. Denn sie weiß ja selber, dass da keine Liebe mehr ist. Und wenn du sie frei gäbst, hätte sie sogar die Chance, einen Mann zu treffen, der sie wirklich liebt.
Sehr wichtig ist hier, dass du dich immer bemühst, nett und fair zu ihr zu sein, selbst wenn sie einen Hass auf dich hat wegen der anderen und weil du gehen willst. Versuche, Worte zu finden, damit sie dich versteht.

Du willst deine Familie “nicht im Stich lassen”. Ich sehe das nicht so. Du würdest dich ja weiterhin kümmern, würdest regelmäßig deinen Sohn sehen, würdest sie finanziell unterstützen. Ich halte nicht viel davon, an einer Ehe festzuhalten, in der keine Liebe mehr ist. Das ist nicht gut für Kinder. Sie bekommen ein schlechtes Beispiel vorgelebt, und sie spüren die Spannungen. Mit so einem Vorbild sind Kinder dazu prädestiniert, später auch verkorkste Beziehungen zu haben.

Du sagst: “Natürlich ist auch die Gefahr, dass es mit Janine und mir nach einiger Zeit nicht mehr so gut klappt und ich dann in gewisser Weise vor dem Nichts stehe, nicht unerheblich”.
Liebe ist immer ein Risiko. Aber wenn du es nicht wagst, wirst du immer das bittere Gefühl haben, zu feige zu deinem eigenen Glück gewesen zu sein, und diese Frau wird immer als schmerzliche Sehnsucht in dir wühlen. Außerdem, was heißt hier “vor dem Nichts”? Ist man nur etwas, wenn man eine Beziehung hat? Mitnichten. Es gehört zum Erwachsensein, auch mal eine Zeitlang mit sich allein sein zu können. Und es stärkt die Persönlichkeit.

“Janine hat zwar jetzt kein Problem damit, dass ich ein Kind habe, aber akzeptiert sie das später auch noch?”
Frag sie. Rede Klartext mit ihr. Über all deine Befürchtungen und Gedanken. Auch über das Finanzielle. Frag sie, ob sie sich wirklich eine dauerhafte Beziehung mit dir vorstellen kann.

Und bitte schau dir mein Video an, was ich unten dranhänge.

Ich wünsche dir Mut zur richtigen Entscheidung
Beatrice Poschenrieder

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