Wenn er mich liebt, warum heiratet er mich nicht und braucht so viel Freiraum?

Schon nach einem halben Jahr zog ich mit Kind zu ihm in die Wohnung. Ihm wurde es bald zu eng und ich fing an zu klammern

Er fühlt sich eingeengt, will Freiraum, liebt er mich nicht mehr? Ich klammere, bin abhängig von der Beziehung
Wieso benehme ich mich in dieser Beziehung wie ein armseliger kleiner Klammeraffe?

Hallo Beatrice,
ich bin 33, mein Sohn ist 6… Vor zwei Jahren lernte ich meinen Traumann kennen – er war so anders als mein geschiedener Mann – unabhängig, selbstbewusst, hatte Hobbies und war sehr charmant; auch der Sex stimmte zwischen uns. Ich war im siebten Himmel, mein Sohn auch… Nach einem halben Jahr zogen wir 40 km weit weg, zu ihm in seine Wohnung. Bereits nach 4 Wochen äußerte er immer öfter, “wir hätten vielleicht doch nicht so schnell zusammenziehen sollen”. Er war mit seiner neuen Familie überfordert, denke ich; vorbei seine heißgeliebte Freiheit, Dinge tun und lassen zu können, wann und wie er es wollte, Platz machen für uns in SEINER WOHNUNG, ständig das Kind um ihn herum (er nennt ihn Papa), Sorgen, die ihm unbekannt waren (mein Sohn fing an einzunässen), ich wollte beschäftigt werden, kannte dort ja niemanden usw. Vorbei seine Ruhe nach der Frühschicht – statt dem Motorrad standen da nun seine Freundin nebst Kind und wollten Eis essen gehen, waren beleidigt und fühlten sich ungeliebt, wenn er lieber mit dem Motorrad unterwegs war. Auch im Haushalt lief es anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Er: “Du arbeitest ja schließlich nur 30 Stunden die Woche – das bisschen wirste ja wohl hinbekommen, und was heißt hier, das Kind ist auch noch da – der kann sich ja wohl auch MAL allein beschäftigen”…
Tja, kannst Dir ja vorstellen, wie es uns erging: Ärger, Frust, Wut, Trauer. Nach 8 Wochen die Aussage, er sei wohl doch kein Familienmensch – nur der Sex würde zwischen uns stimmen, wenn er das gewusst hätte, hätte er sich lieber weiterhin selbstbefriedigt. Außerdem fing er an, Sex-Hotlines anzurufen.
Aus der selbstbewussten, eigenständigen Frau wurde ein klammerndes ängstliches frustriertes Äffchen. Mein Sohn litt auch – er war doch nun sein Papa und hatte sich soooo verändert. Vorbei war es mit den gemeinsamen Familienausflügen, die wir vor dem Zusammenzug noch so häufig unternommen hatten. Zum Schluss fühlte er sich schon bevormundet und kontrolliert, wenn ich ihn fragte, ob er nach Dienstschluß nach Hause kommen würde, um mit uns zu essen. Nach einem Jahr bat er mich auszuziehen – er würde uns lieben, aber so könnte er nicht leben. Ich zog aus; wohne nun 2 km entfernt in einer kleinen Wohnung, wir sind aber immer noch zusammen. Er sagte: “Wir ziehen wieder zusammen, wenn du wieder normal wirst, ich auch mal etwas für mich tun kann, ohne dass du es hinterfragst, ich auch mal 2 Tage mit Freunden wegfahren kann, ohne Szene” usw. Ich kann ihn einerseits verstehen – andererseits hat er sich doch FAMILIE ausgesucht! Mal ist es UNSER, mal mein Sohn… 0190 ist gesperrt, es hat mich kirre gemacht – die Panik, dass er es nicht bei Anrufen belässt, und WIESO?? Der Sex war das einzige, was IMMER STIMMTE!!! Fast täglich haben/hatten wir sehr schöne Stunden – ist er nur noch wegen dem kostelosen regelmäßigen Sex mit mir zusammen? Hmm, andererseits unterstützt er mich nun auch etwas finanziell (bin arbeitslos geworden). Deshalb gleich wieder mit mir zusammenziehen möchte er nicht, sondern aus freien Stücken. Ansonsten ist er oft 4 Tage die Woche da, ist liebevoll, kauft für uns ein, macht mit meinem Sohn Hausaufgaben – dann zieht er sich wieder 2 Tage zurück und ich habe das Gefühl, er flüchtet und freut sich auf einen ruhigen Fernsehabend ALLEIN, und fühle mich zurückgewiesen. Aus diesem Grund gibt es immer wieder Diskussionen: Liebst du mich, ja / nein…
Ein Beispiel: er möchte nun alleine – obwohl ich ihn ohne meinen Sohn begleiten könnte – zu einem Auftritt eines Familienmitgliedes fahren (200 km entfernt), mit SEINER FAMILIE UND SEINEN FREUNDEN! Ich dachte, ich wäre nun AUCH seiner Familie zugehörig! Bin schon wieder total unsicher, fühle mich ungeliebt, hab Angst… Wiesoooo tut er das?? Seine Familie mag mich total, es sind auch Freunde von ihm dabei MIT ANHANG! die ich sehr gut kenne! Wie soll ich das deuten? Er möchte mehr Abstand; mal was ALLEIN tun – andererseits beteuert er verzweifelt zweimal täglich, dass er mich liebt, und wieder irgendwann mit uns leben will. Ich kann´s nicht glauben. Er hat doch jetzt, was er will: Familie, wann er will, und wird es ihm zuviel, fährt er nach Hause. ICH bin ein Familienmensch, möchte zusammen schlafen, essen, lachen, natürlich auch Freunde sehen – aber die sind weit weg… ich habe auch einige Interessen, die ich aber leider mangels Geld und Babysitter nicht sooo ausüben kann; er stattdessen tut und lässt, was er will – sind wir nun zusammen oder nicht??? Kann ein Zusammenzug überhaupt noch einmal klappen, oder ist das nur eine Trennung auf Zeit???
Wir haben sehr starke Gefühle füreinander, auch sexuell, aber es knallt immmer wieder, jede Woche, ich werde bald verrückt. Manchmal wünschte ich, ich hätte ihn nie kennengelernt; wo ist die selbstbewusste junge Frau geblieben??? Was kann ich tun? Ratschläge wie “kümmere dich um dich selbst, finde neue Freunde” habe ich schon beherzigt – trotzdem bin ich fast abhängig von seiner Stimmungslage, beschissen eifersüchtig, finde mich nicht mehr attraktiv, stelle mir immer wieder die Frage: Wenn er dich so liebt, wie er behauptet, wieso hat er dich rausgeschmissen?? Wieso sind wir nicht verheiratet??? Dann ist er wieder vier Tage so, wie ich es mir vorstelle, und ich bin auf Wolke 7, dann zieht er sich zurück und es kommt zum Totalabsturz. Sowas habe ich noch nie erlebt. Meine Freundin möchte nichts mehr hören davon, sie sagt, sie würde mich nicht wiederkennen und mag nix mehr darüber hören – und NUN????
Bitte hilf mir – ich bin eine erwachsene Frau, habe schon viel ohne fremde Hilfe gemeistert – und nun: ein Häufchen Elend! was will er?? Ich glaub, er weiß es nicht… Nerve ich ihn? Will er Schluss machen?
Nicky (33)

Hi Nicky,
ich denke schon, dass er dich liebt, sonst würde er das Theater nicht so lange mitmachen. Das Problem ist, dass er ein völlig anderer Mensch ist als du mit völlig anderen Vorstellungen von einer Beziehung. Seine Vorstellung ist genauso in Ordnung wie deine. Du verurteilst sie und nimmst sie nicht hin, für dich ist eine enge Beziehung nur dann gut und echt, wenn man zusammenwohnt und einen auf Familie macht. Aber es ist nicht sein Sohn, und er kam mit dir zusammen deinetwegen, nicht wegen deines Sohnes. Seine Form von Beziehung (getrennte Wohnungen, 3 – 4 mal die Woche sehen, ansonsten seine eigenen Sachen machen) wird von Millionen von Menschen mit Erfolg praktiziert, und zwar zum Teil zehn oder 20 Jahre lang! Ich finde es auch völlig legitim, dass er seine eigenen Sachen macht und zum Beispiel ohne dich zu diesem Auftritt fährt. Du meine Güte, man muss doch nicht alles zusammen machen! Mich wundert nicht, dass er sich von dir beengt fühlt, denn du engst ihn tatsächlich ein. Du bist emotional abhängig und damit auch klammerig geworden. Allein schon wenn ich das nur lese, wie du innerhalb dieser Beziehung bist, schnürt es mir die Luft ab.
Sorry, dass ich das so hart sage, es ist nicht als Kritik gemeint, sondern um dir die Sichtweise einer neutralen Fachfrau zu zeigen.
Er weiß sehr wohl, was er will: eine Beziehung mit einem gesunden Maß an Freiraum, in der er er selbst bleiben kann. Solche Beziehungen funktionieren bei sehr vielen Leuten, aber bei euch eben nicht. Du bist nicht der Typ dafür. Und er ist nicht der Typ für deine Form von Beziehung, die mit sehr viel Nähe und Gemeinsamkeit und Kompromissen zu tun hat.
Das Fatale ist, dass sich eure Positionen gegenseitig verstärken, d.h. je mehr du von ihm willst, je näher du an ihn heranrückst, desto mehr geht er auf Abstand (auch die kleinen Fluchten mit dem Motorrad gehören dazu!). Doch je mehr er auf Abstand geht, desto panischer versuchst du, ihn festzuhalten und die Nähe zu erzwingen, was ihn noch weiter wegtreibt, sodass er dann sogar mal richtig gemein werden kann, um dich wegzudrücken. Zum Beispiel dass er sagt, “er sei wohl doch kein Familienmensch – nur der Sex würde… stimmen, wenn er das gewusst hätte, hätte er sich lieber weiterhin selbst befriedigt”. Ein gutes Beispiel! Du versuchst, ihn mit dem Sex näher an dich heranzuziehen, auch, indem du betonst, dass dieser Bereich doch wirklich gut läuft. Er will aber selbst bestimmen, wie nah er dir kommt, und er will nicht so viel Nähe. Also fängt er an, seinen Trieb teilweise über Sex-Hotlines auszuleben. Er will auf keinen Fall von dir abhängig sein, und er will auch nicht zu hören bekommen: “Im Bett läuft´s doch so gut, warum willst du weg von mir?” oder auch “fast täglich haben wir sehr schöne Stunden! Bist du nur noch wegen dem kostenlosen regelmäßigen Sex mit mir zusammen?” Den kann er auch stressfreier kriegen.
Ihr treibt euch gegenseitig in extreme Positionen. Er wird ein ungerechter, stänkernder Partner, der Sexhotlines nutzt, du wirst ein “klammerndes ängstliches frustriertes Äffchen”, “ein Häufchen Elend”.
Deswegen wird das mit euch nie richtig funktionieren, möchte ich leider prognostizieren. Deshalb nützt es nichts, wenn du dich ständig fragst, ob er dich liebt. Denn auch wenn er dich noch so liebt und es sexuell knistert, passt ihr doch nicht im wichtigsten Punkt zusammen: euren Vorstellungen von einer Partnerschaft. Er hat es mit deiner Form versucht und es ging nicht, du hast es mit seiner versucht und bist zur verzweifelten Klammerfrau geworden. So leid es mir tut, ich kann dir nur raten: Gib´s auf, geh zurück in deinen Ort zu deinen Leuten, wo du dich gut aufgehoben fühlst, und schau dich um nach einem Mann, der dir all die Nähe und Zuwendung gibt, die du dir so tief und sehnlichst wünschst.
Bitte lies dazu die Texte ganz unten bei “Verwandte Beiträge” und folgendes Buch:
«Das Geheimnis, wie sich ein Mann wieder in Sie verliebt: Wie Sie ihn wieder an sich binden, wenn er sich von Ihnen emotional entfernt hat».
Herzlichst
Beatrice Poschenrieder

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