Bin ich unreif, wenn ich keine feste, sondern nur eine lockere Beziehung will?

Oft ist eine feste Beziehung nach ein, zwei Jahren schon langweilig. Wenn man das mehrmals erlebt hat, ist es da egoistisch, dass man nur was Lockeres will?

Hallo Beatrice,
ich habe selber schon viel nachgedacht und komme zwar zu gewissen Ergebnissen, aber eben nicht an die Lösung. Also: Ich hatte bisher 3 längere Beziehungen, die alle so verliefen, dass der Mann sich zuerst für mich interessiert hat und mich auf sich aufmerksam machen musste, bis ich ihn dann sozusagen bemerkt habe. Die Beziehungen verliefen immer so, dass wir im ersten Jahr sehr glücklich waren, ich auch dachte, es könnte was für länger (vielleicht immer) sein… und nach ca. 1,5 bis 2 Jahren wurde es dann langsam ernüchternd für mich. Das Prickeln weg (ist wohl normal nach der Zeit?), Normalität, die schlechten Seiten fallen mehr auf als die guten… Bei meinem jeweiligen Partner war das nie so, jeder liebte mich weiter, aber bei mir ließ dann auch der Spaß am Sex nach und irgendwann dann eben Trennung. Momentan bin ich gerade zum 3. Mal an diesem Punkt, wir sind knapp 2 Jahre zusammen, und auf Sex hab ich kein Bock mehr, er schon, ich bin genervt, er bemüht sich noch mehr um mich… Das ist mein erstes Problem: Dass es nach einem Jahr nicht mehr so prickelnd ist wie am Anfang, ist klar, und zuerst finde ich ja auch diese Normalität der Beziehung echt schön, aber dann… Ich möchte doch irgendwann endlich mal einen Partner finden, den ich ewig lieben kann!

Mein zweites Problem ist: Seit ca. 5 Wochen habe ich ein Verhältnis mit einem Mann aus unserem gemeinsamen Bekanntenkreis. Er hat mich zwischendurch schon mal öfter angeflirtet und dann ist es neulich eben einfach passiert (ja genau… ich bin fremdgegangen).
Ich weiß, dass er mich liebt. Mit ihm ist es natürlich jetzt wieder total prickelnd und aufregend. Ich glaube aber, dass er nicht der Mann ist, mit dem ich wirklich eine Beziehung will – eher nur diese Geheimbeziehung (spannend, prickelnd, keine negativen Seiten an ihm entdecken…).
Und da komme ich glaube ich auch meinem eigentlichen Problem etwas näher: Ich möchte zwar einen Mann, den ich toll finde (evtl. liebe) und der mich liebt, und ich möchte ihn auch sehen und auch Sex mit ihm. Aber ich möchte dann, wenn ich es will, auch mal wieder eine Woche keinen Kontakt (außer mal eine SMS) und meine “Ruhe” haben, in alten Klamotten und unfrisiert durch die Bude laufen, Schokolade essen und faul sein, eben nicht “repräsentativ” sein müssen, keine Begründung abgeben müssen für mein Tun etc..

Momentan wäre mir, wenn ich ehrlich bin, folgende Situation am liebsten: Keine feste Beziehung, also Schluss mit meinem Freund. Aber auch keine Beziehung mit dem anderen, sondern weiterhin dieses sporadische Treffen, mal kurz, mal länger, so, wie mir danach ist. Am liebsten wäre es mir dabei, wenn mein Freund Schluss machen würde… damit nähme er mir diese
Entscheidung ja ab, die ich, wenn ich sie treffen würde, sonst evtl. bereuen würde. Außerdem habe ich ihn natürlich immer noch sehr lieb und will ihm nicht wehtun. Andererseits weiß ich gar nicht genau, ob ich ihn wirklich “loswerden” möchte…

Tja, Du siehst, ziemliches Gefühls-Wirrwarr bei mir. Es ist doch nicht normal, dass ich immer nach zwei Jahren kein Bock mehr auf den anderen hab. Außerdem finde ich das sehr unreif, was ich mir wünsche… einen Mann, der dann verfügbar ist, wenn ich ihn will, und mich bitteschön auch lieben soll – aber nur, wenn mir danach ist? Was sagst Du dazu?
Andrea (27)

Hi Andrea,
lustigerweise beschreibst du da einen Wunsch, der bei etlichen Männern deren übliches “Beziehungsverhalten” darstellt, das heißt, sie halten es für ganz normal, sich so zu verhalten (ob das dann auf Seiten der Frauen viel Irritation und Enttäuschung macht, ist eine andere Frage…).
Wie auch immmer: Wenn dir die oben dargelegte Situation am liebsten wäre, dann mach es so! Unreif? Nö, wieso? Du bist erst 27, da kann man doch einfach nur mal Spaß haben wollen, ohne einen großen Stiefel an Bindung und Verpflichtung mit dabei. Gönne dir dieses lockere Verhältnis, wenn du kannst und alle Beteiligten mitmachen!
Du hast Angst, deinem Freund weh zu tun. Aber tust du ihm nicht genauso weh, indem du ihn betrügst? Außerdem, gib´s zu, liebst du ihn nicht mehr. Fair und ethisch korrekt wäre also, dass du eine saubere Trennung vollziehst und dem anderen verklickerst, dass du wirklich nur was Lockeres willst (mach dir keine Sorgen, dass er dann abspringt – das wird er nicht tun).

Ich finde auch nicht, dass an deinem Beziehungsverhalten bzw. -empfinden was faul ist. Klingt alles ganz normal und verständlich. Deine bisherigen Männer waren halt alle nicht die Richtigen (wenn du schon 47 wärst, wäre das was anderes). Und außerdem schätze ich, dass sie alle im ersten Jahr mordsmäßig viel Einsatz gebracht haben, der dann in der Folgezeit erheblich nachließ. Klar lässt für dich dann auch der Reiz nach. Aber wir Frauen sind für solche Beziehungs-Niedergänge oft sensibler als Männer. Die denken immer noch, “alles ist bestens”, wenn du schon mit einem Fuß aus der Tür bist vor lauter Langeweile oder Überdruss.
Na klar hast du wohl auch einen etwas romantisierenden Anspruch an die Liebe (muss immer leidenschaftlich und prickelnd sein usw.), aber na und? Wenn frau Glück hat, findet sie ja irgendwann tatsächlich einen Mann, bei dem das auch nach Jahren noch zutrifft. Naja, oder dass da zumindest ein tiefes warmes unerschütterliches Grundgefühl ist von “mit dem möcht ich alt werden” (selbst wenn er manchmal so fiese Dinge tut wie in den Zehen pulen).

Noch etwas. In einer guten stabilen Beziehung musst du keineswegs immer “repräsentativ” sein, du darfst durchaus mal in alten Klamotten und unfrisiert durch die Bude laufen, Schokolade essen und faul sein – so lange das nicht Dauerzustand ist, ist alles ok! Und du musst auch weder mit einem festen Partner zusammenleben noch musst du ihn jeden Tag sehen. Mit dem “Richtigen” kannst du reden und verhandeln und eben auch mal ein paar Tage abtauchen, ohne dass er beleidigt ist oder dich unter Druck setzt.

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Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder

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