Ich lasse meine Partnerinnen immer wieder fallen, kann ich lernen zu lieben? (Teil 2)
Warum wandert er immer von dannen, wenn es auf eine Beziehung zugeht? Ist sein Herz aus Holz, oder hat er unbewusst Beziehungsangst?
((Fortsetzung von “Ich lasse meine Partnerinnen immer wieder fallen, kann ich lernen zu lieben?”))
Hallo Beatrice,
vielen Dank für deine Antwort! Ich hab deine interessante Übung gemacht, mir sehr genau vorzustellen, dass ich mich der Liebe einer Frau ganz hingebe und mit ihr zusammenlebe.
Also meine Gefühle und Ängste beim Gedanken an eine glückliche Beziehung:
Wenn ich eine solche hätte, würde ich daraus viel Kraft schöpfen, weil ich mich geborgen, wohl und sicher fühlen würde. Genauso würde ich Kraft an meine Frau weitergeben.
Angst hätte ich nur davor, dass uns irgendetwas wieder auseinanderreißen könnte. Zum Beispiel, dass ich irgendwann vielleicht nicht mehr interessant genug für meine Frau wäre, dass sie vielleicht irgendwann einen anderen Mann witziger, sexier und einfach aufregender findet. Der schlimmste Gedanke wäre, dass sie mich mit einem anderen betrügt, ohne dass ich etwas ahne.
Ich bin nicht sicher, ob diese Angst größer ist als bei anderen Menschen. Ich bin auch noch nie betrogen worden.
Vielleicht hätte ich auch Angst davor, dass ich umgekehrt irgendwann dem Reiz anderer Frauen erliege; dass mir meine Frau nicht mehr genug ist und ich in eine schreckliche Zwickmühle gerate.
Nun will ich versuchen, auf deine Fragen zu antworten:
1) Hätte die Aktuelle wirklich das Potential der Frau, die meiner Liebe “wert” gewesen wäre:
Das muss ich absolut bejahen, wenn ich auch letztlich nicht sicher bin, da ich ja auch nicht meiner Gefühle sicher bin. Aber prinzipiell ist sie genau das, was ich mir wünsche. Sie hat Power, ist selbstständig, selbstbewusst und dabei unheimlich gütig, geduldig und einfühlsam. Sie ist wahnsinnig zärtlich und ich fühle mich in ihrer Nähe sehr geborgen. Sie sieht aus wie ein Engel. Die Dinge, die vielleicht vom absoluten Idealbild abweichen, sind so banal, dass ich mich kaum traue, sie zu erwähnen, und ich kann auch nicht glauben, dass solche Banalitäten letztlich einen Ausschlag geben können. Vielleicht hat sie ein paar Gramm mehr an Hintern und Oberarmen, als ich es mir ausmalen würde. Aber wenn ich Gramm sage, dann meine ich Gramm. Also ich glaube eher, dass ich mir solche Dinge selbst als Alibi heranziehe, um mich emotional nicht einlassen zu müssen. Ich weiß jedenfalls, dass sich viele Männer die Finger nach ihr lecken würden (was natürlich kein Argument für mich sein darf).
2) Was hat mich an meinen anderen Exfreundinnen gestört:
Einmal war mir meine Freundin zu ruhig und nicht mitreißend genug. Ein andermal wieder zu ruhig und sie hatte vielleicht wieder ein paar Gramm mehr an den Problemzonen. Ich habe mich am Anfang einer Trennung stets gefragt, warum ich nicht liebe. Denn allesamt fand ich eigentlich immer äußerst liebenswert. Irgendwann habe ich mich dann immer darauf versteift, dass sie eben nicht zu mir gepasst hat.
3) Was war meine längste Beziehung?
Meine erste. Sie ging über vier Jahre und war ein einziges Drama. Ich trennte mich in dieser Zeit viermal und bin viermal wieder zu ihr zurück. Das letzte Mal lag ein ganzes Jahr dazwischen. Ich wusste nie, was ich will, konnte mich nie entscheiden und hatte regelrechte Depressionen vor lauter Grübeln. Nach einer Trennung hat es mich immer wieder zurückgezogen, weil in meiner Phantasie doch alles perfekt war. Dann ging es eine Weile gut und das Spiel fing von vorne an.
4) Wie genau ist meine Traumfrau beschaffen:
Ich weiß, ich habe sehr hohe Ansprüche, obwohl ich kein spezifisches Bild habe. Ich finde blond genauso reizvoll wie südländisch oder rothaarig. Sie sollte einfach toll aussehen, weibliche Ausstrahlung haben. Über 1,80 wäre nicht schlecht, da ich selbst fast 2 Meter habe. Bislang waren meine Freundinnen aber nie größer als knapp über 1,70, eher kleiner. Hat mich aber nie gestört! Vor allem sollte sie Humor haben und im besten Sinne des Wortes nett sein. Da ich selbst eher bedächtig bin, sollte sie aufgeweckt und munter sein, mich mitreißen können.
5) Geschwister: Ich habe eine zwei Jahre jüngere Schwester. Sie hat aus meiner Sicht keinerlei Probleme mit dem Lieben. Sie hat ein paar Jahre einen Freund, dann kommt eine lautlose Trennung und drei Wochen später die nächste Beziehung, die wieder jahrelang hält. Alles ohne große Probleme. Zumindest bekommt keiner was mit.
6) Sind meine Eltern noch zusammen?
Ja, wobei sie vor zwei drei Jahren mal eine Weile getrennt waren, weil mein Vater wohl eine Freundin hatte. Meine Mutter zog dann aus und lebt jetzt noch immer in einer eigenen Wohnung, aber direkt neben dem Haus meines Vaters. Dort lebt auch noch die Mutter meines Vaters, worin viel Übel begründet liegt. Ich selbst rede mit meiner Oma nicht mehr und hatte seit meiner Jugend viele bitterliche Streits mir ihr, weil sie sich überall eingemischt hat. Meiner Mutter ging es genauso und mein Vater stand immer dazwischen.
7) Meine Mutter, wie ist/war sie?
Ich liebe meine Mutter. Sie war immer wesentlich mehr als mein Vater meine Ansprechpartnerin. Ich frage sie auch heute noch um Rat. Allerdings eher nur noch bei Kleinigkeiten. Vielleicht bezüglich eines Problems mit der Versicherung oder dem Finanzamt.
Über meine Beziehungsprobleme habe ich früher auch oft mit ihr geredet. Heute kaum noch. Sie will mir eben immer zureden und mir für die Beziehung Mut machen. Sie bringt dann Argumente wie: man könne doch nicht jeden Tag verliebt sein und wichtig sei es doch, dass man sich achte und miteinander rede und sich respektiere.
Sie ist eine starke Frau, die sich im Leben sehr verändern musste und sich Dinge oft erkämpfen musste. Auch meine Freundinnen sind oft starke Frauen. Ich weiß dass ich die Vernunft und die Kopfbezogenheit von meiner Mutter habe. Sie hat mich gelehrt, vernünftig zu sein. Ich weiß, dass ich heute nicht mehr auf sie hören muss, aber all diese Überlegungen haben bislang auch nicht dazu geführt, dass ich mich endlich verliebt gefühlt habe. Meine Mutter will nur, dass ich glücklich bin. Sie ist bislang jeder Frau, die ich mit „nach Hause“ gebracht habe, mit großer Freundlichkeit begegnet.
Ich weiß, dass man sich als Mensch von zu Hause abnabeln muss. Vielleicht liegt da bei mir etwas im Argen. Allerdings glaube ich irgendwie nicht daran, dass man sozusagen ein schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern haben muss, um sich verlieben zu können. Meine Schwester wohnt ja sogar noch neben meinen Eltern und hat trotzdem glückliche Beziehungen.
Wenn sich meine Eltern früher stritten, blieb ich immer dabei, versuchte es zu kitten und litt mit. Meine Schwester berührte das weniger bzw. sie bewältigte es dadurch, dass sie von dannen zog.
Dass meine Mutter meinen Vater geliebt hat, das glaube ich schon. Allerdings ist bestimmt vieles kaputt gegangen. Durch die gemeinsame Arbeit und das gemeinsame Leben auf dem Hof mit meiner Oma zusammen. Meine Eltern sind in vielen Dingen unterschiedlich und meine Mutter hat sich oft missachtet und nicht respektiert gefühlt. Sie hat einmal gemeint, dass sie nur noch wegen uns Kindern dageblieben ist.
8 + 9) Ich habe bei meinen Eltern nie mehr als einen schnellen Kuss mitbekommen oder dass sie jetzt wahnsinnig liebevoll miteinander umgegangen wären, also sich viel berührt hätten. Ich kann aber nicht sagen, mich an eine schreckliche Kindheit erinnern zu können. Ich glaube, ich war glücklich. Außer eben, wenn sich meine Eltern gestritten haben. Da hielt ich immer zu meiner Mutter, und meinem Vater mache ich vielleicht heute noch Vorwürfe, dass er nicht auch zu meiner Mutter gehalten hat.
Mein Vater ist ein Mensch, der unangenehme oder scheinbar nicht lösbare Fragen beiseite schiebt und wartet, bis sie sich von selbst erledigen
Viele Grüße, Peter (32)
Lieber Peter,
du sagst: “Irgendwann kam zum Vorschein, dass mir mein Vater wohl vorgelebt hat, mich nicht zwischen zwei Frauen zu entscheiden…”
Diese Erkenntnis hat dir noch nicht wirklich geholfen, weil sie nur einen Teil der Ursachen ausmacht. Die meisten Menschen wiederholen die Muster und Ängste, die sie in ihrer Kindheit und Jugend “gelernt” haben, und du wiederholst nicht nur die deines Vaters, sondern auch deiner Mutter – und die aus deiner eigenen Jugend (damit meine ich die Überzeugung, nicht anziehend und nicht liebenswert zu sein – wo auch immer die herkam). Muster/Ängste deiner Mutter: “Ich hätte zum Beispiel Angst, dass ich irgendwann vielleicht nicht mehr interessant genug für meine Frau wäre, dass sie vielleicht irgendwann einen anderen Mann witziger, mehr sexy, und einfach aufregender findet. Der schlimmste Gedanke wäre der, dass sie mich mit einem anderen betrügen könnte, ohne dass ich etwas ahne…” (natürlich mit jeweils anderem Geschlecht, sprich, die schlechten Erfahrungen deiner Mutter sind zu deinen Ängsten geworden.)
Von deinem Vater konntest du nicht lernen, dich wirklich einzulassen (und was man nicht lernt, kann man auch nicht leben), und von deiner Mutter hast du gelernt, dass man, wenn man sich einlässt, sehr verletzt wird: mehrfach, immer wieder.
Sprich, alle möglichen Muster und Ängste halten dich davon ab, eine Frau mit all deiner Hingabe zu lieben. Und dafür ist die Loslösung vom Elternhaus eigentlich gut. Sie bedeutet nicht, dass du dich abwendest, sondern dass du dich emotionell löst – die Bande zur Mutter als “Mutter”, die Ressentiments gegen den Vater. Das bedeutet Loslassen, auch Verzeihen, was zunächst einen gewissen Abstand erfordert. Der ist am einfachsten zu erreichen durch eine große räumliche Trennung. Viele erreichen ihn auch, indem sie sich ganz dem Partner zuwenden und mit ihm eine eigene Familie gründen. Dein Vater hat das offenbar nicht geschafft; mach es ihm nicht nach.
Ziel ist, dass du ein autonomer, authentischer Mensch wirst – also unabhängig von elterlichen Banden und Einflüssen. Wenn du das geschafft hast, kannst du dich wieder deinen Eltern zuwenden – aber unter anderen Vorzeichen. Nicht mehr als Sohn, sondern als ebenbürtiger Partner oder Freund.
Ziel ist auch, die alten Muster zu “verlernen”, wozu auch das Ding aus deiner Jugend gehört, nicht liebenswert zu sein. Ich sehe, dass du durchaus Eigenschaften und Züge hast, die liebenswert sind, aber du kannst sie selbst noch fördern, indem du dich wie ein liebenswerter Mensch verhältst; dazu gehört, sich zu kümmern, Fürsorge zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen, sich dem anderen angenehm zu machen. Hast du das bei deinen Exfreundinnen getan? Falls zu wenig, könntest du das bei deiner Exfreundin versuchen. (Ich halte es für möglich, dass du starke Frauen bevorzugst, weil sie mehr Geborgenheit und Fürsorge geben als selber brauchen, aber wenn du dir mal die Mühe machst, diese Frauen in ihrem ganzen Wesen zu erfassen, wirst du erkennen, dass sie in ihrem Innern genauso unsicher und anlehnungsbedürftig sind wie “schwächere” Frauen.)
Beim oft langwierigen Prozess des “Verlernens” wäre eine Therapie sehr hilfreich und beschleunigend.
Ich halte es durchaus für einen Versuch wert, dass du nochmal mit deiner Exfreundin zusammenkommst (was du über sie schreibst, klingt klasse!). Entscheidend hierbei wäre: STELLE DICH DEINEN ÄNGSTEN UND “DEFIZITEN”! Das heißt, du müsstest dich ihr ganz öffnen; ihr alles sagen, was in dir vorgeht, was mit dir los ist, sie um ihr Verständnis, ihre Geduld, ja um ihre Hilfe bitten. Und dass du durch die Angst durchgehst, das heißt, lernst, sie auszuhalten. Zum Beispiel wenn eine Situation für dich so emotionell wird, dass du den Impuls hast zu fliehen (äußerlich oder auch innerlich), dann tu das Gegenteil, nämlich dich zuwenden: indem du Geborgenheit und Zärtlichkeit gibst, dich für sie und ihr innerstes Wesen interessierst, auf sie eingehst.
Denn “Hingabe” beinhaltet ja nicht nur, dass du DICH dem anderen gibst, sondern auch dass du gibst. Lieben ist sehr stark auch ein aktiver Prozess, und grade Männer spüren ihre Liebe oft stärker im Geben und in der Aktivität als im Nehmen und in der Passivität.
Das betrifft auch das Sexuelle. Du schriebst: “Ich hatte viel weniger oft Lust auf Sex als sie”. Ich vermute, das liegt vor allem daran, dass man dem Beziehungspartner beim Sex sehr nahe ist, sich auch öffnet (für dich manchmal zu viel) – und dass man mit regelmäßigem Sex eine Art Verpflichtung eingeht: Je häufiger ich mit dir schlafe, desto mehr erwartest du von mir.
Mein Rat auch hier an dich: Erspüre deine Ängste und “Riegel” in dem Moment, wo sie deine Lust stören, sag sie deiner Freundin; hab keinen Verkehr mit ihr, wenn dir nicht danach ist, aber versuch ihr dann auf andere Weise nah zu sein, z.B. durch Zärtlichkeit.
Ferner ein Wort zu deiner Schwester: Kann das wirklich Liebe gewesen sein, wenn sie den Verflossenen schon nach ein paar Wochen vergessen hat und zum nächsten überwechselt? Möglicherweise geht es ihr mehr darum, eine Beziehung zu haben, als um den eigentlichen Partner.
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Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder