Ihr Ex-Partner stört unsere Beziehung, sie spricht und trifft ihn mehr als mich

Nach anderthalb Jahren verheimlicht sie immer noch unsere Beziehung vor ihrem Ex! Und: Er ist sportlicher als ich, hat mehr Zeit, mehr Geld

Hallo Beatrice,
ich bin seit 1,5 Jahren mit meiner Freundin zusammen, wir lieben uns sehr, haben traumhaft tollen Sex, sind schon oft verreist, unsere Familien stehen hinter uns. Wir haben wunderschöne Zeiten miteinander, die jedoch immer wieder durch das Dazwischenfunken ihres Ex-Freundes auf sehr unangenehme Weise unterbrochen werden. Genau das untergräbt unsere Beziehung, nämlich dass sie sehr engen und regen Kontakt zu ihrem Ex-Freund hat.
Nachdem die letzten 6 Monate sehr gut verliefen, stehen wir seit 2 Wochen vor einem neuen Abgrund: sie telefoniert täglich mehrmals mit ihm, sie sieht ihn mittlerweile wieder häufiger als mich, was auch in der Vergangenheit episodenhaft mal so war und jeweils nach dem nächsten Streit zwischen ihrem Ex und ihr wieder anders wurde. Sie verheimlicht meine Existenz vor ihm. Wenn er sie anruft und ich bei ihr bin, muss ich mucksmäuschenstill sein. Wenn er sie besucht, beseitigt sie all meine Spuren (Fotos und alles, was auf mich hindeutet). Sie führt ein Doppelleben: mit mir zusammen, vor ihm überzeugter Single.

Fest steht, und das weiß sie auch: er will noch was von ihr. Sie beteuert mir gegenüber immer wieder: „Vertrau mir! Und schenke mir mehr Toleranz! Ich bin mit Dir zusammen – und ich liebe Dich! Mit ihm verbindet mich nur eine außergewöhnliche Freundschaft – mehr nicht!“
Ich tue mir sehr schwer damit, ihr das auch zu glauben. Ich gebe es zu: ich habe Komplexe ihrem Ex gegenüber. Sie – bekennende „Beziehungs-Prinzessin“ – lässt sich nach wie vor gerne von ihm bekochen, ab und an übernachtet sie sogar bei ihm! Und dann steht ihr und mir immer ein Riesenkrach bevor, weil sie meines Erachtens damit eine klare Grenze überschreitet. Doch sie appelliert dann immer wieder an mein Vertrauen.
Ich habe einfach große Angst, dass sie sich insgeheim nach vielen Dingen sehnt, die sie mit mir nicht machen kann (er ist viel sportlicher als ich, hat mehr Zeit, viel mehr Geld). Rede ich mit ihr darüber, streitet sie das ab. Wenn ich sie mit meinen Ängsten konfrontiere, versichert sie mir immer wieder, sie hätte bei mir alles, was sie brauche. Vor allem Liebe, Wärme und Geborgenheit. Mit ihrem Ex verstehe sie sich einfach blendend, er kenne sie eben in- und auswendig. Doch eine Beziehung mit ihm zu führen, das funktioniere nie wieder.
Wie soll ich mich nun verhalten? Ich habe Angst, dass ich mit meinen Komplexen und meiner Eifersucht alles kaputt mache. Wie kann ich endlich zur Ruhe kommen, was das Thema Ex angeht? Wie kann ich ihr vertrauen?
Danke für Deinen Ratschlag!
Jens (31)

Meine Freundin geht öfter schick essen mit ihrem Ex, will er sie zurück haben?
Ihr Ex hat Geld und kann sie schön einladen – steht sie heimlich noch auf ihn?

Lieber Jens,
ich hätte noch ein paar Fragen:
1) Mit welcher Begründung verheimlicht sie dich vor ihrem Ex?
2) Warum machst du da mit? (z.B. still sein, wenn er anruft)
3) Überhaupt: Warum haust du nicht mal mit der Faust auf den Tisch? (denn was sie da abzieht, ist sehr beziehungsschädlich und gemein.)
4) Du redest von deinen „Komplexen“ – welche sind das genau?
5) Fühlst du dich deiner Freundin unterlegen? Führt das dazu, dass du dir einiges gefallen lässt?
6) Wie stark sind deine Verlustängste in Bezug auf sie?
7) Hast du das Gefühl, es wäre sehr schwierig für dich, eine andere Freundin zu finden?
8) Du sagst: „Wir lieben uns sehr“ – was dich betrifft, glaub ich das gern; aber bist du dir in Bezug auf sie sicher? Sie mag ja beteuern, dass sie dich liebt, aber Worte sind schnell gesagt, und ihre Taten, die du mir schilderst, sprechen eine andere Sprache… Was sonst noch zeigt dir ihre Liebe? (Bitte Antwort auf Gegenwart beziehen, nicht auf etwas, was vor Monaten oder Jahren war!)
9) Sie sagt: „Vertrau mir!“ Und, tust du das wirklich?
10) Mit welcher Begründung sieht sie ihren Ex z.Zt. öfter als dich?
Bis bald, Beatrice

Liebe Beatrice!
Zu deinen Fragen:
1) Mit welcher Begründung verheimlicht sie dich vor ihrem Ex?
Sie will ihn nicht verletzen. Blöde Antwort, ich weiß. Aber ich muss dazu erläutern, dass die beiden 4 Jahre zusammen waren – das waren wohl für sie sehr prägende Jahre. Hinzu kommt, dass sie ab und zu depressiv verstimmt ist – und er weiß offenbar am besten damit umzugehen. Mir kann sie sich – auch nach 1,5 Jahren – nicht öffnen, wenn`s ihr seelisch schlecht geht. Er liebt sie immer noch. Und sie denkt offensichtlich, dass es ihn zerstört, wenn sie ihm die volle Wahrheit über uns erzählt. Gestern erst ist er ausgeflippt und wollte sie erpressen: „Wenn Du Jens weiterhin siehst, dann siehst Du mich nicht mehr!“ Sie blockte ihn zwar ab und machte ihm deutlich, dass sie auf mich nicht verzichten wird. Er gab dann später nach, und jetzt verstehen sie sich wieder… Er weiß von mir – aber nur sehr bruchstückhaft. Er weiß nicht, dass wir beide zusammen sind.

2) Warum machst du da mit? (zB still sein, wenn er anruft)
Weil ich Angst habe vor ihrer Reaktion. Sie erwartet von mir vollstes Verständnis für die ihr nach wie vor wichtige Bindung zum Ex. Sie würde mich rausschmeißen, wahrscheinlich wäre das das Ende unserer Beziehung. Ich denke mir in solchen Momenten immer: Lass ihn doch labern, die Nacht verbringe ich mit ihr – und nicht er. Das hilft mir, über die Minuten ihrer Telefongespräche hinwegzukommen.

3) Warum haust du nicht mal mit der Faust auf den Tisch?
siehe oben. Ich habe Angst, durch unnötige Eifersucht unnötigen Druck auf sie auszuüben. Außerdem ist sie ein Mensch, der sich keine Vorschriften machen lässt. Glaub mir, ich habe schon mehrmals auf den Tisch gehauen. Doch immer wieder ihre Antwort: „Ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Von niemandem!“

4) Du redest von deinen „Komplexen“ – welche sind das genau?
Naja, ich bin bisher schulisch und beruflich keinen konsequenten Weg gegangen, habe weder studiert noch höheres Wissen in irgendeinem Bereich erworben. Motiviert durch meine Freundin, mache ich jetzt neben meinem Job als Paketbote eine Art Fernstudium. Das kostet Zeit und Geld, d.h. ich hab in beiden Bereichen noch weniger, als ich eh schon habe.
Und meine Freundin ist sportlich und unternehmungslustig, ich nicht. Mein Job fordert mich körperlich so, dass ich in der Freizeit nur noch ausruhen möchte. Ihr Ex steht in allen Punkten besser da.

5) Fühlst du dich deiner Freundin unterlegen? Führt das dazu, dass du dir einiges gefallen lässt?
Was die Macht in unserer Beziehung angeht – ja – da fühle ich mich unterlegen. Sie ist ein sehr dominanter Mensch. Ich erkenne mich oft nicht wieder, wenn ich mich dann doch wieder besänftigen lasse.

6) Wie stark sind deine Verlustängste in Bezug auf sie?
Im ersten Jahr unserer Beziehung sehr stark. Inzwischen nimmt das ab, weil der Schmerz in mir immer größer wird.

7) Hast du das Gefühl, es wäre sehr schwierig für dich, eine andere Freundin zu finden?
Ja. Auch wenn mir mein Verstand sagt, dass das Blödsinn ist. Sie ist meine erste Freundin.

8) Bist du dir in Bezug auf ihre Liebe sicher?
Worte und Taten – seit 2 Wochen liegt beides bei ihr sehr weit voneinander entfernt. Momentan erschöpft sich ihre Liebe im Verbalen. Doch wenn wir uns sehen (seit 2 Wochen nur zweimal die Woche, davor fast täglich), ist sie sehr leidenschaftlich und zärtlich. Sie gibt mir in solchen Momenten das Gefühl, dass sie mich so liebt, wie ich bin. In den vergangenen Monaten festigte sich unsere Beziehung, sie gab mir das Gefühl, dass ich ihre Nummer 1 und ihr Freund bin. Seit 2 Wochen ist das anders – ohne dass ich etwas dafür kann.

9) Sie sagt: „Vertrau mir!“ Und, tust du das?
Ja, ich vertraue ihr. Sonst wäre ich an alledem längst kaputtgegangen. Unsere Beziehung ist – blenden wir mal die letzten Tage aus – sehr intensiv, es spielt sich vieles im Geistigen und Zwischenmenschlichen ab. Sie könnte das niemals mit ihrem Gewissen und auch Glauben (sie ist überzeugte Christin) vereinbaren, gleichzeitig mir ihre Liebe zu versichern und mit dem Ex was am Laufen zu haben.

10) Mit welcher Begründung sieht sie ihren Ex z.Zt. öfter als dich?
Sie ist in einer Zwickmühle. Sie hat Angst vor seiner Reaktion, wenn sie mich häufiger sieht. Er kontrolliert sie. Und sie lässt es zu. Ich kenne ihn zu wenig, vielleicht hat er auch schon mal angedroht, er tut sich was an, wenn sie aus seinem Leben scheidet. Da muss es eine sehr heftige Drohkulisse geben, mit der er sie sich immer wieder gefügig macht.

Beatrice, wie bekomme ich sie weg aus seinen Klauen? Wie kann ich sie von ihm weglocken? Die Phase, die ich jetzt durchmache, war schon mal vor einem Jahr existent. Seit einem halben Jahr war er ziemlich abgeschrieben. Doch jetzt ist er wieder da. Ich habe mir vorgenommen, die nächsten beiden Wochen abzuwarten. Macht sie so weiter und vernachlässigt mich immer mehr, dann trenne ich mich. Diese Entscheidung habe ich für mich getroffen. Von alleine kommt sie offenbar nicht drauf, was sie mir da antut. Ihr muss es auf eine andere Art bewusst werden. Mit Druck und auf den Tisch hauen erreiche ich nur das Gegenteil von dem, was ich will – endlich wieder eine ruhige Beziehung ohne Fremdeinflüsse mit ihr führen.
Jens

Lieber Jens,
zuerst einmal möchte ich dich darin bestärken, dass das Verhalten deiner Freundin sehr verletzend ist und von dir nicht toleriert werden sollte. Entweder sie hat so wenig Einfühlungsvermögen, dass sie nicht realisiert, wie schlimm sie sich dir gegenüber verhält, oder sie hängt noch ziemlich drin in ihrer Ex-Geschichte und denkt, du machst sowieso alles mit und bleibst trotzdem bei ihr. Logische Folgerung: Nicht mehr mitmachen. Du hast recht, dass Druck nicht hilft. Deine Freundin braucht zweierlei: Erstens musst du ihr nochmal in aller Deutlichkeit klarmachen, wie du das Ganze siehst (rede nur von dir, nicht von ihr).
Zweitens braucht sie klare Grenzen: du spielst nicht mehr mit. Entweder sie steht zu dir und eurer Beziehung (nach anderthalb Jahren kann man das schon erwarten!), oder es ist eben keine Beziehung.
Klar spielt da auch die Co-Abhängigkeit zwischen ihr und dem Ex eine Rolle. Das ist die Frage, ob sie da rauskommt – dir zu Liebe. Aber ich denke, das geht nur, wenn du nicht nur Verständnis, sondern auch Stärke zeigst. Und Stärke hat unter anderem auch etwas mit „Grenzen setzen“ zu tun. Wenn du dir von ihr so viel bieten lässt, kann sie dich nicht als stark empfinden.

Führe ein ernsthaftes Gespräch mit ihr, dass das so mit dem Ex nicht weitergehen kann – dass ihre enge Beziehung zu ihm und das Verheimlichen eurer Beziehung nicht mit deiner Vorstellung von einer Paarbeziehung vereinbar sind und du das nicht mehr dulden möchtest. Bitte sie, ihm reinen Wein über euch beide einzuschenken und den Kontakt zu ihm einzuschränken. Mach ihr klar, dass er sich nicht umbringen wird. Beruhige sie darin, dass er sich nicht mal was antun wird (Hunde, die bellen, beißen nicht!). Außerdem geht das nicht an, dass er sie emotionell erpresst.
Frage sie, ob du das, was sie bei ihm findet, nicht auch leisten kannst – und dass du es versuchen willst (ich meine Dinge, die wirklich zählen, wie Beistand bei ihren Depressionen).

Formuliere als Wunsch an sie, dass sie ihrem Ex innerhalb der nächsten Tage sagt, dass sie eine richtige Beziehung mit dir hat. Und dass sie einen anderen Weg finden muss, um mit ihren Depressionen fertig zu werden – ein/e Therapeut/in ist da ein geeigneterer Ansprechpartner als der Exfreund, denn es ist ja allemal besser, an die Erkrankung selbst zu gehen als nur an die Symptome, nicht?
Versuch das erst mal und realisiere, falls sich nichts tut, deinen Vorsatz mit den zwei Wochen.

Hab keine Angst, dass sie dich “rausschmeißt” und die Beziehung beendet, wenn du diese Dinge sagst. Na klar wird sie sich erst mal aufplustern und die Dominante raushängen lassen. Bleib gelassen. Sie wird sich innerhalb von Tagen wieder einkriegen.

Wenn du es für richtig hältst, kannst du ihr auch anbieten, sich an mich zu wenden – etwa in der Frage, wie sie mit dem klammernden Ex umgehen soll (wie meine persönliche Beratung läuft: siehe im Menü oben “Coaching / Therapie”).
Und noch n Buchtipp: «Verlustangst und wie wir sie überwinden (Fachratgeber Klett-Cotta / Hilfe aus eigener Kraft)»

Viel Glück
Beatrice Poschenrieder

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