Seit Monaten jede Woche nette Dates, aber nichts weiter?

Seit 3 Monaten treffen sie sich regelmäßig, unternehmen nette Sachen, aber er reagiert zugeknöpft, wenn sie ihm (vorsichtig) näherkommt. Was ist mit ihm?

Wir haben nette Dates, gehen essen, Kaffee trinken usw. – doch er geht nicht weiter!

Liebe Beatrice,
ich hab in den Briefen auf Deiner Seite gestöbert und mich an den vielen klugen Antworten erfreut. Leider bin ich gerade selber in einer etwas ratlosen Situation… Nach einem recht schweren Liebeskummer habe ich nach einem Jahr einen Mann kennengelernt, der mir sehr gut gefällt – und das beruhte wohl auch auf Gegenseitigkeit. Wir gehen seit drei Monaten fast jede Woche miteinander aus, zu Kaffeetrinken, zum Essen, ins Konzert etc. und haben wirklich immer sehr nette Stunden und Abende miteinander verbracht. Ich merkte gleich von Anfang an, dass er sehr von mir fasziniert ist, er konnte seine Nervosität nicht wirklich verbergen und musste sich sichtlich Mühe geben, souverän zu bleiben. Er hat immer sehr herzliche und liebevolle SMS geschrieben, war sehr zuverlässig, charmant und ausgesprochen zuvorkommend. Kurzum, eine wirklich vielversprechende Begegnung. Die Treffen – so nett sie auch sind – finden jedoch mit sehr angezogener „Handbremse“ statt. Ich habe irgendwie das Gefühl, ich muss aufpassen, dass ich ihm nicht zu sehr auf die Pelle rücke – was in diesem Fall schon ein herzlich gemeinter Abschiedskuss auf die Wange ist. Für mich ein verwirrendes Gefühl, da ich mich selber noch für recht „geschädigt“ aus meiner letzten Erfahrung halte und für ein bisschen „zugeknöpft“ beim Flirten.

Er ist seit 5 Jahren geschieden und hat zwei Kinder, um die er sich sehr liebevoll kümmert. Ich bin sicher, dass er auch irgendwie noch ein Trauma aus dieser Scheidung mit sich herumschleppt. Bei mir sieht’s genauso aus – ich habe mich vor fast zwei Jahren einmal in einen Mann verliebt, mit dem ich auch schon über ein halbes Jahr freundschaftlich verbunden war; wir mochten uns sehr gerne, haben viel Zeit miteinander verbracht und irgendwann waren wir verliebt; mit dem Beginn einer Liebesbeziehung hat auch sofort die Katastrophe angefangen – nach einigen Monaten, in denen wir zwischen Verliebtheit und seinen sehr verletzenden „Distanz-schaffen-Maßnahmen“ uns aufgerieben haben, habe ich ihn schweren Herzens verlassen, weil ich es nicht mehr ertragen konnte. Heute weiß ich, dass dieser Mann schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr in der Lage ist, eine Beziehung mit einer Frau einzugehen und letztendlich jede Begegnung in einem ähnlichen Drama endet.
Das möchte ich weiß Gott nicht noch einmal erleben und ich habe Angst, dass ich mir einen ähnlichen Fall wieder eingehandelt habe. Beide Männer sind Mitte 40 und geschieden. Da ich selber viele Jahre keine Beziehung hatte und deshalb auch wenig Erfahrung mit geschiedenen Männern in diesem Alter habe, möchte ich Dich um Rat fragen. Sicherlich kann man nichts Pauschales sagen, aber mich beschleicht doch ein wenig die Angst ob der vermeintlich vorhandenen Parallelen.
Hast Du einen Rat für mich?
Sabrina (39)

Liebe Sabrina,
dein Bauchgefühl sagt dir in Bezug auf diesen Mann zwei Dinge:
„Ich habe irgendwie das Gefühl, ich muss aufpassen, dass ich ihm nicht zu sehr auf die Pelle rücke“ und „ich habe Angst, dass ich mir einen ähnlichen Fall wieder eingehandelt habe“ (wie den Bindungsunfähigen).
Mein Gefühl sagt das Gleiche. Aber was ich nicht weiß (und du vielleicht auch nicht so recht), ist, inwieweit sich dieser neue Mann eines Tages wird einlassen können. Denn Menschen sind ja nicht unabänderlich.
Außerdem müssen wir sorgsam mit dem Begriff „Trauma“ umgehen; ein Trauma entsteht eigentlich nur, wenn man einer schrecklichen, unentrinnbaren Situation ausgesetzt ist und dabei Todesangst hat, und wenn einem währenddessen und/oder danach zu wenig geholfen wird, diese überwältigende Angst zu verarbeiten. Ein Trauma in einer Paarbeziehung entsteht also in der Regel nur durch intensive Gewalterfahrung. Was du vermutlich meinst, sind emotionale Verletzungen, die dazu führen, dass man ein Stück weit sein Vertrauen in Paarbeziehungen verliert und/oder einen seelischen Schutzwall aufbaut. Das kann auch bei deinem Neuen der Fall sein – oder dass er aus anderen Gründen ziemlich unsicher ist.

Ich denke, nach drei Monaten des intensiven Datens kannst du deinen Galan ruhig mal offen fragen, warum er dich schon so lange datet, aber nicht weitergeht. Und warum du bei ihm dieses Gefühl hast, dass du ihm nicht zu dicht auf die Pelle rücken darfst. Frag ihn auch, unter welchen Bedingungen er sich dir mehr öffnen könnte.
Berichte ihm außerdem offen von deinen eigenen Ängsten. Dann wird es ihm leichter fallen, über die seinen zu sprechen.
Herzlichst
Beatrice Poschenrieder

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