Sie wollte ein Kind, ich nicht, sie machte Schluss
Hallo Beatrice,
ich habe ein Riesen-Problem. Ich war seit fast 3,5 Jahren mit einer total süßen Frau (24 Jahre) zusammen, mit der ich auch sehr glücklich war. Nach den ersten 6 Monaten erhielt ich von ihr einen Brief über Heiraten und Kinder, den ich damals völlig falsch auffasste und mit Entrüstung („nein, ich will keine Kinder“) aufnahm und ihr versuchte klar zu machen, dass das noch nicht meine Welt ist (ich komme aus einer „kaputten“ Familie). Daraufhin war sie sehr enttäuscht. Ab und an schnitt sie dieses Thema an, wurde aber von mir immer wieder abgeblockt.
Vor ca. 5 Wochen war es dann soweit. Nach einem wunderschönen Wochende bei ihr (400 km Entfernung) verriet sie mir Sonntag Abend kurz vor der Fahrt ihre Idee: Sie wollte gerne von mir schwanger werden und dann, wenn der Mutterschaftsurlaub beginnen würde, in meine Stadt ziehen. Ich war wie vor den Kopf gestoßen: Nicht darüber, dass sie zu mir ziehen wollte (das wäre das Schönste auf der Welt), nein, sie zieht nur zu mir, wenn ich dafür sorge, dass sie endlich ihr Kind bekommt.
Das ist für mich ein Schreck gewesen, denn ich möchte gerne mit der Frau, mit der ich Kinder haben will, auch erstmal zusammen wohnen. Sie sah das anders: „Du hast immer gesagt, dass würde ganz toll mit uns werden, wieso soll es so nicht klappen?“ Die Reaktion meinerseits war eher negativ und so war erstmal ein grosser Knacks in der Beziehung. Ich erinnere noch ihre Worte: „Und wenn es nicht klappt, kann ich ja nach den 2 Jahren Mutterschaftsurlaub wieder zurück!“
Sie verglich das Kind sogar mit ihrem Hund (mit dem klappt es ja auch, Arbeit und Ausgehen…).
Die nächsten 2 Wochen (vor allem die Wochenenden) waren eher traurig, sie war wie vor den Kopf gestoßen, dass ich kein Kind von ihr wollte – ich, weil ich Angst hatte – Angst vor der Aufgabe, aus dem Nichts Vater zu werden, mich um meine Familie zu kümmern und und und… Ich habe und hatte einfach Angst.
Dann kam das Wochende vor 2 Wochen. Es war ein schlechtes Wochenende und sie konnte keine Gefühle mehr für mich aufbringen. Dann stellte ich Sie sonntags vor die Wahl: „Entweder hast du mich lieb und bist gern mit mir zusammen, oder du machst jetzt Schluss“ (da die Wochen vorher so schlecht liefen, keine Liebkosung, einfach nichts, wollte ich die Entscheidung).
Sie machte Schluss. Seitdem geht es uns beiden schlecht. Sie rief in der Anfangsphase häufig an und ich dachte: wieso hält Sie diesen innigen Kontakt weiterhin, wo doch grade die Beziehung zu Ende ist? Ich meldete mich kaum, war verletzt und zu stolz. Doch seit wenigen Tagen weiß ich, wie sehr ich sie noch liebe.
Ich versuchte, sie zu erreichen, aber sie hatte nie Zeit. Als ich sie dann endlich mal sprechen konnte, sagte sie mir: „Mit jedem Tag geht unsere Beziehung mehr auseinander. Ich dachte, Du würdest alles in die Beziehung stecken?“ (Ich sagte ihr mal, dass wenn mal Schluss sei, ich alles Erdenkliche tun würde, um sie wiederzugewinnen). Das dachte ich auch – aber im Moment bin ich sehr verletzt und weiß das Thema nicht anzugehen. Auch sie ist verletzt und würde ihre Schwäche mir nie gegenüber zeigen (ich weiß, dass sie mich noch gerne hat – aber ob sie mich liebt?).
Tja, ich könnte noch stundenlang schreiben, aber meine Frage ist: Wie können zwei verletzte Menschen wieder zueinander finden und glücklich werden? Ich kann nicht zu ihr gehen und sagen: Ja, werde schwanger und ziehe nach mir… und ich glaube auch nicht, dass ein Versprechen („in 2 Jahren bestimmt“) helfen würde – ich glaube es nicht.
Nächstes Wochenende fahre ich nochmal zu ihr, um mein Auto dort abzuholen – aber sie sagte schon, sie werde wegfahren, um mich nicht zu sehen. Was könnte ich tun, um uns beiden eine schöne Zukunft zu schaffen, ohne dass jemand enttäuscht ist – oder ist es schon völlig aus?
Liebe Grüße, Collin (26)
Lieber Collin,
oh weh, oh weh! Die Kinderfrage ist eine der schwierigsten innerhalb von Beziehungen und einer der häufigsten Trennungsgründe bei jungen Leuten. Leider ist sie auch so verzwickt, weil man keinen Kompromiss finden kann. Ein halbes Kind gibt es nun mal nicht!
Ich kann auch gut verstehen, dass du mit 26 noch nicht Vater werden willst. In dem Alter will man an seinem beruflichen Werdegang arbeiten und was von der Welt sehen und ein paar Abenteuer bestehen – und nicht sich die Tage und Nächte mit Babygeschrei und Ernährungs-/Erziehungsfragen um die Ohren schlagen. Ich möchte dich auch warnen: Sag deiner Freundin nicht, du wärst vielleicht in zwei Jahren so weit – nur um die Beziehung zu retten. Man kann nie im voraus wissen, wann man bereit zur Elternschaft ist. Entweder man ist es im Hier und Jetzt aus vollem Herzen, oder eben nicht.
Die Frage ist: Bist du überhaupt ein „Kindertyp“? Das heißt, kannst du dir vorstellen, irgendwann mal welche zu haben? Oder sagst du eher, „ich glaub, ich werd nie scharf auf Vaterschaft sein“? Wenn du zum zweiten Typus gehörst, wäre es wahrscheinlich besser, du belässt es bei der Trennung. So weh das auch tut. Aber dann könnt ihr nie zusammen glücklich sein.
Gehörst du zum ersten Typus, solltest du versuchen, nochmal mit deiner (Ex-)Freundin zu reden. Bitte sie, nicht wegzufahren, und verabrede dich mit ihr zu einem klärenden Gespräch. Vergiss deinen Stolz und sag ihr, wie sehr du sie vermisst und wie leid dir das alles tut usw. Rede mit ihr gründlich über ihren Kinderwunsch. Warum genau will sie unbedingt eins? Möglicherweise betrachtet sie ein Baby als eine Art Spielzeug oder Schoßtier (siehe der Vergleich mit dem Hund!). Das wäre ein verdammt schlechter Grund für eine Mutterschaft. Sie ist doch noch so jung! Sie hat noch so viel Zeit, um ein Kind zu kriegen! Und vorher das Leben genießen! Versuche, ihr klar zu machen, was sie mit einem Baby alles auf sich nimmt. Sie ist nie mehr unabhängig und frei. Und, nicht zu vergessen, ein Kind kostet viel mehr, als man denkt. Stelle ihr in Aussicht, was ihr beide noch alles unternehmen könntet, bevor ihr euch in einer Elternschaft bindet – ihr könntet reisen und zusammen neue Sportarten lernen oder tolle Hobbies anfangen und alles umsetzen, was ihr gerne mal tun würdet. Überleg dir, womit du ihr den Mund wässrig machen könntest…
Übrigens, auch ich halte es für die beste Idee, zuerst einmal zusammenzuziehen und zu erproben, ob ihr beide überhaupt im Alltag harmoniert. Wenn deine Freundin nicht dazu bereit ist, ist sie vielleicht nur auf einen Erzeuger für ihr neues „Schoßtierchen“ aus – in dem Fall wäre es ohnehin besser, du hältst nicht an ihr fest. Sowas artet nur in eine sehr hässliche Trennung und ewige Streitereien aus (ich hab´s oft genug erlebt).
Ich hoffe, sie überlegt sich´s nochmal anders.
Beatrice Poschenrieder