Trennung nach Beziehungsstress! Ich will sie zurück, wie weit muss ich mich verbiegen? Teil 1
Sie hat einfach Schluss gemacht, Begründung: “Wir kommen aus zu unterschiedlichen Welten”. Soll ich mich ändern? Wenn ja, wie?
Hallo Beatrice,
ich habe meine Freundin (29) vor einem Dreivierteljahr kennen gelernt. Die Beziehung hatte einen sehr harmonischen Anfang mit viel Zeit füreinander. Sie studierte damals. Die Probleme wurden akut, als wir nach 3monatiger Harmonie merkten, dass wir sehr unterschiedlich gepolt sind und auf Worte, Gesten und Sätze im Streit auch unterschiedlich reagierten – soll meinen: Wir verletzten uns subtil, ohne zu merken, wie das den anderen verletzte. Ich nutzte Worte wie „fies“, um ihr Verhalten zu beschreiben, und während ich nicht merkte, wie weh ihr das tat, brach für den Moment ihre Welt zusammen.
Sie schaffte es, mich durch überhebliche Sätze wie „Ich komme aus anderen, besseren Welten“ oder „stell dich nicht so an mit deiner Arbeit, dass schaffen andere auch“ in Rage zu bringen.
Als Erklärung muss ich Dir sagen, dass meine Freundin eine sehr enge Familienbindung insbesondere zur Mutter hat. Die Eltern haben immer noch eine mächtige Pipeline zu ihr, die sowohl finanzielle Not als auch Verantwortung fürs eigene Leben kompensiert. Sie hat die Arbeitswelt nur in Mini-Häppchen erlebt, ich bereits seit 15 Jahren. Das scheint auch unsere größte Hürde gewesen zu sein, die Unterschiedlichkeit im Lebensprozess. Die eine gut gepolstert mit geringen Risiken, der andere im ständigen Kampf mit der üblichen Arbeitswelt.
Diese Verschiedenheit hat manchmal für Probleme gesorgt und bei Streitigkeiten dazu geführt, dass wir nur polarisierten. Die Versöhnung gab es allerdings immer recht schnell.
Meine Freundin hat bis vor kurzem fast 3 1/2 Monate bei mir gewohnt, und dieses Zusammenleben, trotz fabelhafter Momente und schöner Erinnerungen, offenbarte, wie wenig sie stellenweise in der Lage war, Alltagsbanalitäten hinzukriegen wie: Einkaufen wenn der Kühlschrank leer ist, Müll rausbringen, wenn er voll ist, oder ungefragte Hilfe anzubieten. Zuletzt war sie oft zu sehr mit ihrer Welt beschäftigt (Umzug, erste Arbeit, Krankheit, Eltern) und hat weniger von dem gesehen, was mich beschäftigte.
Ich habe sie leider auch manchmal von oben herab behandelt, als ich sagte, sie solle sich nicht so anstellen, dieser Stress wäre noch nicht schlimm. Trotz meinen Vorwürfen war ich die ganze Zeit an ihrer Seite, habe angepackt, wo immer es ging, und war da, wenn sie mich gebraucht hat. Umgekehrt flüchtete sie oft zu ihren Eltern, wenn sie stressbedingt nicht mehr konnte, und hat mich alleine gelassen. Ihre Erklärung dazu war: „Bei meinen Eltern geht es mir gut und ich muss mich um nichts kümmern“.
Vor vier Wochen hatten wir eine Situation, die sie veranlasste Schluss zu machen. Wir waren endlich mal wieder aus. Sie allerdings nur missmutig, weil sie lieber, wie so oft, schlafen wollte, um sich von ihrem “Alltagsstress” zu erholen. Der Abend war kalt, sie vermied jeden Blickkontakt, und aus einem vom mir gesagten: „Ich bin nicht mehr wirklich glücklich“ wurde ein von ihr eingeleitetes: „Ich auch nicht – dann mach ich Schluss“.
Ich habe mich voller Trauer eine Woche nicht gemeldet. Sie rief nach 7 Tagen an, um sich zu erkundigen, wann sie ihre Sachen abholen kann und wie ich über diese Trennung denke. Wir trafen uns im Cafe. Sie sagte, dass sie nicht mehr sagen kann, ob sie mich liebt, und auf meine zweimalige Bitte, mir dann doch direkt ins Gesicht zu sagen „Ich liebe Dich nicht mehr“, sagte sie: „Ich kann das nicht sagen, da ist ja noch was.“
Nach einigen Stunden gingen wir zu ihr und wurden sehr schnell intim.
Danach schrieben wir uns tagelang wieder per SMS und telefonierten miteinander. Es sah fast nach einer neuen Chance aus. Wenige Tage später war allerdings wieder eine Wende. Sie bezweifelte, dass so etwas klappen könnte, zumal „andere“ ja auch schon beim zweiten Versuch gescheitert wären.
Mit einer liebeskranken Riesen-Rosenstrauß-Rückholaktion und einem sehr offenen Brief über meine Fehler, Hoffnungen und die Liebe zu ihr versuchte ich nochmals zu zeigen, wie wichtig sie mir als Partnerin war. Dieser Tag und auch der nächste waren voller Leidenschaft, Zärtlichkeit und Nähe. Es gab viel “Ich hab dich lieb”, einen Hoffnungsschimmer, aber auch ihr Geständnis, eine seelische Blockade zu haben und nicht zu wissen, was sie machen soll.
Unser letzter Stand ist, dass ich ihr Zeit gebe und sie herausfindet, was sie noch für mich empfindet.
Unsere Streitigkeiten und ganz anderen Welten sind der Grund, warum die Beziehung derzeit beendet ist. Sie hat große Angst vor einem Neuanfang genau wie vor der Vorstellung, mich nur noch manchmal oder sogar nie mehr zu sehen.
Meine Frage ist nun:
Wie mit einem Menschen umgehen, der glaubt, noch Gefühle zu haben, die Trennung für richtig hält, aber nicht sicher genug für eine „eindeutige“ Entscheidung ist? Sie selbst gab übrigens zu, wie schwer ihr das fällt.
Meine Ex-Freundin ist sicherlich keine Spielerin, dazu ist sie zu lieb und naiv. Allerdings weiß ich die Zärtlichkeiten und Beteuerungen, wie lieb sie mich hat, nicht einzuordnen, wenn sie gleichzeitig eher eine Trennung will.
Vollgepackt mit utopischen Konventionen über das „Leben“ und mit wenig eigenen Beziehungserfahrungen ist meine Exfreundin wohl auf dem Absprung, weil die Angst vor einem zweiten Versuch und ein mögliches Scheitern sehr groß ist. Wie kann ich ihr diese Angst nehmen?
Uns unterscheidet elementar, dass ich der Kämpfer bin und sie oft die Verletzte ist. Manchmal sah ich ihr „jetzt bin ich verletzt“ oder „ich hab Angst“ schon als Waffe bei unangenehmen Situationen.
Trotzdem mein Leben nicht nur aus dieser Frau bestand, denn Freunde, Beruf und Familie halten mich oben, glaube ich die Frau meines Lebens verloren zu haben.
Sollte ich sie weiterhin in Ruhe lassen und abwarten, was passiert? Wie kann ich meine Fehler offen eingestehen, ohne mich dabei zu übersehen und ihre Fehler zu negieren?
Missinterpretierte ich eine verlorenen Sache oder ist meine Hoffnung berechtigt?
Bereit zum Kampf zu persönlichen Änderungen für mich und sie und mit dem Wunsch mein Leben zu verändern, auch um sie zurückzugewinnen, habe ich Angst davor, mich zu sehr zu verbiegen.
Sven (34)
Lieber Sven,
das größte Problem bei euch ist weniger, dass ihr aus unterschiedlichen Welten kommt, als vielmehr, dass sie in sehr vielem noch sehr unreif ist – nur EIN kleines Beispiel:
«Ich nutzte Worte wie „fies“, um ihr Verhalten zu beschreiben, …, brach für den Moment ihre Welt zusammen».
Himmel, du darfst nicht mal ihr VERHALTEN als “fies” bezeichnen und schon bricht sie zusammen? Kleine Drama-Queen, was?
Unreif ist sie auch darin, dass sie offenbar noch nie richtig gearbeitet hat, dass sie sich weder emotional noch finanziell von ihren Eltern abgenabelt hat (mit 29!!!) und sich benimmt wie eine kleine, verwöhnte Prinzessin, um die sich alles drehen soll und die weiterhin in Watte gepackt werden will. Und dagegen wehrst du dich – zu Recht!
Du bist nicht nur reifer als sie, sondern du hast auch viel viel mehr Einsicht in seelische Vorgänge und Zusammenhänge. Zum Beispiel:
«Uns unterscheidet elementar, dass ich der Kämpfer bin und sie oft die Verletzte ist. Manchmal sah ich ihr „jetzt bin ich verletzt“ oder „ich hab Angst“ schon als Waffe bei unangenehmen Situationen.»
Oh ja, wie Recht du hast! Und du hast auch vollkommen Recht, dir das nicht gefallen zu lassen, sondern dich gegen solche subtilen Manipulationen zu wehren. Du bist nicht bereit, dich nur der Beziehung zu Liebe zu verbiegen, und verdammt, auch hier liegst du richtig! Aber deine Ex versteht das nicht. In ihrer kleinen egozentrischen Welt ist es ganz selbstverständlich, dass du dich nach ihr richtest und dich verbiegst. Aber eine Beziehung, wo man sich verbiegen muss, damit der andere bleibt, ist – sorry! – nichts wert.
Du fragst:
„Wie kann ich meine Fehler offen eingestehen, ohne mich dabei zu übersehen und ihre Fehler zu negieren?“
Genau das ist der springende Punkt. Ihre Fehler darfst du nicht erwähnen, weil sie dann gleich wieder ausflippt und Abstand von dir nimmt, und wenn du deine Fehler eingestehst, aber gleichzeitig um sie kämpfst, wird sie tatsächlich erwarten, dass du dich total verbiegst.
Die Krux aus meiner Sicht ist, dass sie weder die Intelligenz noch das seelische Einfühlungsvermögen besitzt, um all dieses Dinge zu durchblicken – z.B. ihre unterschwelligen Manipulationen und Egozentrismen. Im Gegenteil, die wird sie schön beibehalten, denn sie hat ja Vorteile davon! Daher wird sie auch wenig Motivation haben zu „wachsen“, sich zu verändern, sich zu entwickeln. Denn genau diese Dinge sind ja in eurer Konstellation gefordert von ihr (und auch von dir). Du bist bereit dazu, sie nicht. Sie blickt der Forderung, sich zu entwickeln und zu wachsen, nicht ins Auge, sondern fühlt sich „überfordert“.
Ich denke außerdem, dass sie deine Überlegenheit spürt, und das stinkt ihr heimlich. Würde sie bloß nie zugeben! Es ist schwer für eine kleine Prinzessin, in einer Beziehung zu bleiben, wo ihr in vielen Dingen gezeigt wird, dass sie nicht die Tollste, Größte, Süßeste ist, sondern dass sie erwachsen werden muss. Das ist anstrengend und mühsam. Dazu passt ja auch ihre unangemessene Reaktion darauf, wenn du ihr Verhalten fies nennst. Eine Frau mit innerem Standing könnte damit umgehen und würde sich mal überlegen, ob da was dran ist. Für deine Ex hingegen „bricht eine Welt zusammen.“ Ach die arme Kleine! Wer würde es noch wagen, sie zu kritisieren, wo es ihr ja so arg nahe geht??
Du schreibst sehr treffend:
«Vollgepackt mit utopischen Konventionen über das „Leben“ und mit wenig eigenen Beziehungserfahrungen ist meine Exfreundin wohl auf dem Absprung, weil die Angst vor einem zweiten Versuch und ein mögliches Scheitern sehr groß ist.»
Und du fragst hierzu: «Wie kann ich ihr diese Angst nehmen?»
Ich glaube nicht, dass du ihr diese Angst nehmen kannst. Solltest du auch nicht. Sie muss selber über ihren Schatten springen, und dazu muss sie selber den Willen entwickeln. Wenn sie das nicht kann, sind weder ihre Gefühle für dich stark genug noch habt ihr dann eine realistische Chance auf eine gute, dauerhafte, erfüllende Beziehung.
Von daher lautet meine Antwort auf deine Frage
„Sollte ich sie weiterhin in Ruhe lassen und abwarten was passiert?“:
Ja.
Was du machen könntest, ist: Ihr sagen, dass du eine realistische Chance für eure Beziehung siehst, wenn ihr euch beide entwickelt, und dass du bereit dazu bist, aber sie muss eben auch die Bereitschaft dazu haben, sich zu entwickeln und zu wachsen. Und dass das auch eine persönliche Chance für den einzelnen von euch beiden ist.
Mehr Zugeständnisse solltest du auf keinen Fall machen.
Mir ist nicht klar, warum du sie zur Frau deines Lebens erklärst – und du selber solltest dich das mit etwas Abstand auch nochmal fragen. Denn so, wie sie jetzt ist, wirst du mit ihr nie auf Dauer glücklich werden.
Bitte lies dazu noch folgendes und die “Verwandten Beiträge” unten!
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Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder
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