Ich will sie zurück! Wie weit darf oder muss ich mich für sie verbiegen? (Teil 2)

Meine Ex-Freundin wird sich nicht ändern, damit die Beziehung klappt, sondern ich werde mich stark verbiegen müssen. Ist es das wert??

Zu viele Kompromisse, verbiege mich für die Partnerschaft

(Fortsetzung von «Trennung nach Beziehungsstress! Ich will sie zurück, wie weit darf/ muss ich mich verbiegen? Teil 1»)

Liebe Beatrice,
ich danke Dir für diese sehr klare Analyse meiner Situation. Trotzdem es mir schwerfällt, die Auszeit einzuhalten (zumindest angerufen habe ich nochmal – allerdings ohne greifbares Ergebnis und mit dem Bewusstsein, dass bei meiner Ex ein Gefühlschaos herrscht), scheint diese die richtige Wahl zu sein. Das einzig akzeptable Ergebnis nach dieser Zeit, das hast Du klar angesprochen, wäre ein Riesenschritt von ihr zu mir und aus ihrer bisherigen Rolle hinaus. In der hatte sie es sich ja bereits sehr gemütlich gemacht hat.

Du fragst mich, warum ich sie zur ”Frau meines Lebens“ erkläre? Die Antwort ist, ich habe auch schon andere Momente mit ihr erlebt, Momente, in denen sie mich unterstützte und nicht so leicht umfiel, wie ich es so oft zuvor erlebt habe. Es gab bereits Situationen, bei denen Stärke vorhanden war, die ich bei ihr nicht für möglich gehalten hätte. Diese Stärke sah und sehe ich als Potential zur Entwicklung – auch in der Beziehung!
Meine Freundin hatte bereits einen zaghaften Ausbruchsversuch von ihrem elterlichen Heim für ein Jahr im Ausland gestartet (dort studierte sie nämlich), wurde aber nach ihrer Rückkehr in alte Verhaltensmuster… sollte ich sagen, gedrängt? oder vielleicht hat sie diese auch gerne wieder angenommen.

Der springende Punkt ist: haben wir beide Stress, fällt sie erstaunlich schnell in kindliche Verhaltensweisen. Dann geht`s zurück zu Mutti – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ihre Mutter, die ich eigentlich sehr schätze, identifiziere ich als elementare Störquelle in der Entwicklung meiner Ex-Freundin und in Hinsicht auf einen neuen Beziehungsversuch. Der Grund dafür ist, dass fast alle Impulse, die meine Ex-Freundin bekommen könnte und die Verhaltensänderungen und Einsicht auslösen, von ihrer Mutter kommen.
Freundinnen gibt es nur wenige und die treten nicht besonders oft in Erscheinung. Die Person, die am meisten Zeit mit meiner Ex-Freundin verbringt, ist ihre Mutter und z.T. ihr Vater. Natürlich ist es toll, helfende Eltern an seiner Seite zu haben, dagegen spricht ja auch nichts, nur ist dieses Verhalten in meinen Augen gluckenhaft und entwicklungshemmend bzw. wirkte in unserer Situation auch beziehungsschädigend.
Meine Ex-Freundin ist, wie Du bereits feststellen konntest, nicht besonders stark. Es scheint ihr leichter zu fallen, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, und bei ihren Eltern wird eben dieses Verhalten nicht in Frage gestellt. Der Loslösungsprozess auf beiden Seiten wurde nie vollzogen.
Das ist meine Grundlage, um eine neue „bessere Beziehung“ aufzubauen. Leider sind es nicht die besten Karten und bei allem Willen zur Änderung und für Kompromisse will ich niemals diesen extremen Verbiegungsprozess vollziehen, über den meine Ex bestimmt erleichtert wäre, denn dann müsste sie nichts eigenes beisteuern.
Mein allergrößtes Problem ist, ich weiß nicht genau, ob sie sich in dieser Rolle gefällt oder ob sie wirklich bereit ist, etwas zu ändern, und daran arbeitet.
Ihr ist klar, dass eine negative Entscheidung nach der Auszeit oder ein „sich nicht entscheiden“ als Konsequenz einen totalen Rückzug meinerseits bedeuten würde. Davor hat sie Angst, bereits jetzt. Auf der anderen Seite fällt ihr die Einsicht ins eigene Fehlverhalten ebenfalls schwer. Eine Pattsituation ohne Zweifel, aber die einzige Möglichkeit zu erkennen wie stark ihre Gefühle wirklich sind.

Eine abschließende Frage an Dich ist: Falls sie sich für einen neuen Versuch mit mir entscheidet, falls die Einsicht über die Notwendigkeit von Änderungen kommt und falls wir beide zu gleichen Teilen an der Beziehung arbeiten, wie ist dann der Faktor Mutti zu sehen und damit umzugehen?! Jeder Schritt zu mir und der Beziehung ist (fürchte ich) ein Schritt weg von ihrer Mutter, die darüber nicht erfreut wäre. Ich will keine Familienbande sprengen, sehe aber dort einen nicht kalkulierbaren Einfluss.
Ich bedanke mich sehr herzlich
Sven (34)

Hi Sven,
normalerweise kriegen Leute nur EINE kostenlose Antwort von mir, daher nur kurz…
Du schreibst:
„Falls sie sich für einen neuen Versuch mit mir entscheidet, falls die Einsicht über die Notwendigkeit von Änderungen kommt und falls wir beide zu gleichen Teilen an der Beziehung arbeiten, wie ist dann der Faktor Mutti zu sehen und damit umzugehen?! Jeder Schritt zu mir und der Beziehung ist (fürchte ich) ein Schritt weg von ihrer Mutter, die darüber nicht erfreut wäre.“
Oh, wie schrecklich, wenn Mutti nicht erfreut wäre! Wo das Kind doch so klein und hilflos ist…
Deine Freundin ist fast 30, nicht 17. Es ist wirklich aller-allerhöchste Zeit, sich abzunabeln, und dazu gehört auch, ein eigenes Leben völlig ohne Mami zu leben und zu riskieren, dass diese (kurzfristig) sauer ist. Sie scheut das bestimmt auch, weil es sehr unbequem wäre! Aber letztlich ist es echt peinlich für eine fast 30jährige, noch am Mamis Rockzipfel zu hängen. Und das kannst du deiner Freundin auch genauso sagen. Wenn sie das nicht verkraftet und wieder kein Stückchen drüber nachdenkt, ist sie innerlich tatsächlich noch 17. Dann wirst du auch immer mit Mamas kleiner Prinzessin zu kämpfen haben.

Übrigens ist das Sich-Verbiegen, was bei dir bereits in einem beträchtlichen Ausmaß stattgefunden hat und was sie von dir erwartet hat, ein Zeichen von “Emotionaler Verschmelzung”. Was es damit auf sich hat, erfährst du in meinem Youtube-Video unten!

Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder

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