Wenn ich ausziehe, werden wir uns auseinanderleben und finanziell ruiniert sein

Wir sind 15 Jahre zusammen, hatten viele Probleme, auch finanziell und mit dem Haus. Nun will meine Frau eine Auszeit und ich habe Angst!

Bei einer Scheidung kommt es oft zur Gütertrennung - aber man kann ein Haus ja nicht in zwei Teile teilen

Liebe Beatrice!
Ich schreibe einfach mal, da ich sonst keinen habe, dem ich mein Leid berichten kann.
Ich (41) bin mit meiner jetzigen Frau (32) 15 Jahre zusammen. Davon sind wir fast 9 Jahre verheiratet, haben zwei wunderhübsche Kinder (6 + 10), ein Haus und einen Hund. Eigentlich fehlt uns nichts, es könnte alles normal sein.
Wir sind zusammen durch Dick und Dünn gegangen. Hier ein kleiner Auszug: Zwei Fehlgeburten, bevor unser erstes Kind kam. Ihre Eltern trennten sich nach langer Ehe. Wir zogen beim Vater ein, bekamen dadurch ebenfalls Probleme. Dann starb ihre liebe Oma. Vater konnte das Haus nicht mehr halten und wir übernahmen die Restschuld. Dadurch Ärger mit ihrer Mutter. Zu allem verstarb dann noch der Vater zu dem Zeitraum, wo wir uns im Urlaub befanden. Mutter wollte uns aus dem Haus rausklagen. usw.usw. Das alles ging natürlich nicht so an uns oder ihr vorbei und wir stritten uns sehr oft.
Dann letztes Ostern kam der erste Schlag für mich. Nachdem sie nicht mehr aus einer Niedergeschlagenheit herauskam, beichtete sie mir, mit meinem Freund geschlafen zu haben. Ich für mich selbst war mir immer sicher, wenn sowas mal passieren sollte, dass ich diejenige sofort abservieren würde. Dem war aber nicht so.
Sie sagte mir, dass das nichts von Bedeutung war und sie nicht wisse, warum sie das gemacht habe. Sie habe keine Gefühle für ihn.
Ich hatte natürlich schwer daran zu knabbern, aber ich habe zu Ihr gehalten. Uns ist bewusst geworden, dass wir Probleme haben, und wir sind zu einer Paarberatung gegangen. Die konnte uns auch sehr gut helfen.
Dann sind wir in den Urlaub. Dieser war so schön, dass wir beide meinten, wir brauchen keine Paarberatung mehr. Ist ja auch eine Kostenfrage. Dennoch bleibt bei mir natürlich immer so ein Gefühl, sie unter Kontrolle haben zu müssen, damit sowas nicht wieder passiert. Denn ich liebe meine Frau über alles.
Nun merkt man ja, wenn was nicht stimmt, und dem war auch vor zwei Wochen so. Irgendwas stimmte halt nicht und ich bat sie um Aussprache. Dabei kam heraus, dass sie mich zur Zeit nicht mehr liebt bzw. sie eine Auszeit benötige, um sich ihrer Gefühle sicher zu werden. Das war ein Schlag für mich.
Ich zog erst mal ein paar Tage in ein Hotel. Konnte nichts mehr essen, denken oder was auch immer.
Nun bin ich seit Sonntag wieder zu Hause im Gästezimmer. Wir hatten uns darauf geeinigt, weil wir uns sonst finanziell total runterziehen.
Dabei muss ich auch sagen, dass wir beide im Hypothekenvertrag stehen, obwohl meiner Frau das Haus notariell alleine gehört. Aber alleine schafft sie es nicht, es zu halten.
Nun gestern Abend fragte ich sie, ob es ihr unangenehm wäre, dass ich mit ihr unter einem Dach wohne. Das bejahte sie, sie könne dabei nicht zu sich selber kommen, und verlangte von mir, dass ich auf Zeit ausziehen solle. Ich habe aber Angst, dass wir uns entfremden.
Das Komische ist aber, sie kommt noch gerne in meinen Arm, küsst mich auch ab und zu.
Gestern hat sie mir sogar angeboten im Ehebett zu schlafen. Was ich auch zuerst tat, aber dann wieder ins Gästebett wechselte.

Sie sagt mir, dass sie keine Scheidung will. Sie kann aber nicht sagen, ob wir noch eine Zukunft haben. Auch möchte sie nicht mehr mit mir zur Eheberatung. Sie meint, wir haben es so oft probiert, sie wolle einfach nicht mehr… Sie müsse zu sich selber kommen, um evtl wieder einen richtigen Neuanfang starten zu können, wenn sie denn auf diesen Trichter kommt. Wenn nicht, dann halt nicht.
Sie könne zur Zeit nicht einfach so einen Schalter umlegen und mich wieder lieben. Das tut natürlich weh, sehr weh…

Meine Kinder leiden, wir haben sie informiert. Ich leide und sie leidet auch etwas darunter. Oder ist es nur Gewohnheit von ihr gegenüber mir?

Ich weiß nun halt nicht, was ich machen soll? Ziehe ich aus, stürzen wir uns in den finanziellen Ruin und ich befürchte, dass wir uns auseinander leben. Ziehe ich nicht aus, nerve ich sie wahrscheinlich und sie kann nicht nachdenken.
Ich will ihr zwar die Zeit geben zum Denken, weil ich meine, dass es besser ist, aber durch die Kinder und alles was dahinter steckt, hat sie dann überhaupt keine Zeit mehr für sich.
Wir haben uns irgendwie auseinandergelebt und keine Zeit mehr für uns gehabt! Ich würde einfach alles tun, um unsere Ehe zu retten, aber ich kann nichts tun. Oder?
Liebe Grüße
Ingo (41)

Kostenlose Antwort von der Paarberaterin:

Lieber Ingo,
du schreibst:
„Ziehe ich aus, stürzen wir uns in den finanziellen Ruin und ich befürchte, dass wir uns auseinanderleben.“
Nein. Genau dies wird passieren, wenn du ihren Willen nicht respektierst. Ihr Wille ist, Abstand und Zeit für sich zu haben. Wenn du ihr nachläufst, ihr auf der Pelle sitzt, nicht locker lässt, wird sie sich nicht auf dich zubewegen, sondern immer weiter von dir weg. Dies ist ein psychologisches Grundgesetz. Wenn dein Partner Abstand will, kriegst du ihn NUR zurück, indem du ihm noch mehr Abstand gibst als er verlangt. Drängst du dich hingegen auf, fühlt er sich nicht respektiert, sondern bedrängt und eingeengt – und der letzte Rest an Liebe erstirbt. Dann sind Scheidung und Trennung meist unausweichlich – und das wird viel teurer, als wenn du jetzt mal eine Zeit lang woanders wohnst. Muss ja nicht grade im Hotel sein. Es gibt auch billigere Wege.

Ferner würde es dir auch sehr helfen, allein zu einer Paarberatung zu gehen. Auch, um nicht in Panik zu geraten (denn in der Panik tut man immer das Falsche und manövriert sich noch mehr ins Abseits).
Mein Rat: Mach zumindest mal drei, vier Stunden bei einer Paarberatung, oder versuche die Whatsapp-Beratung bei mir.
Leider musst du jetzt viel Geduld und einen langen Atem haben. Denn deine Frau wird ihre Zuneigung zu dir nicht in ein paar Wochen wiederfinden – oft dauert das ein halbes Jahr oder sogar etwas länger. Bei ihr kommt erschwerend hinzu, dass sie erst 17 war, als ihr zusammenkamt – sie war nie allein und nie richtig single, konnte sich in der Hinsicht nie ausleben. Und mit 21 wurde sie bereits Mutter! Das muss nicht heißen, dass sie jetzt mit anderen Männern ins Bett gehen muss – aber ich vermute mal, in ihrem Innern gibt es unter anderem diese Stimmen, die flüstern: „Das kann doch nicht alles gewesen sein? Es muss doch noch was anderes geben?“
Versuche, dich und dein Seelenheil weniger von der Beziehung und den gewohnten Strukturen abhängig zu machen, entwickle für dich selbst Wege, dass dein Leben ein bisschen mehr eigenen Inhalt kriegt (sinnvollen Inhalt, nicht sowas wie Konsum und Fremdgehen). Lass dich außerdem von einem Fachmann beraten, was das ganze Finanzielle betrifft.

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Herzlichst
Beatrice Poschenrieder

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