Wie lange soll ich warten, ob mein Mann zurückkommt?
Liebe Beatrice!
Ich hatte mich vor einiger Zeit mit der verzweifelten Frage an Sie gewandt: Mein Mann hat mich wegen einer anderen verlassen, wie bekomme ich ihn zurück? Ihre Antwort hat mir sehr viel Mut gemacht. Sie haben mir empfohlen, meinem Mann einen Brief zu schreiben und darin auch meine Erkenntnisse über meinen Beitrag zu dieser Entwicklung darzulegen. Diesen Brief habe ich geschrieben. Allerdings hat er ihn noch nicht bekommen, da ich seine Adresse bzw die von der anderen Frau nicht kenne. Der Brief liegt jetzt auf seinem Schreibtisch in unserem Haus so lange, bis er mal wieder vorbeischaut (in nächster Zeit, da am Haus einige Reparaturen auszuführen sind und er ja auch noch seine Möbel hier hat).
Sie sprachen von gewissen Chancen für seine Rückkehr, aber dass es sehr lange dauern kann. Ich habe mich jetzt zurückgezogen, rufe ihn nicht mehr an. Aber „das kann lange dauern“ macht mich wahnsinnig. Ich wusste nie, wie lang 1 Tag sein kann! Da er nun acht Monate weg ist und bei der anderen lebt, würde ich gern wissen, was Sie unter „lange“ verstehen, auf welche Zeitspanne ich mich unbedingt einstellen sollte? Ich möchte keinesfalls zu früh aufgeben und 2 Wochen später steht er vor der Tür, ich aber bin dann vielleicht Schritte gegangen, die endgültig sind – Schritte, die immer nur die 2. Wahl sein werden, da ich eigentlich nur mit meinem Mann leben möchte.
Ich weiß, dass es sicher von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist und diese Frage nicht pauschal beantwortet werden kann. Aber ein Etwa würde mir doch sehr weiterhelfen. Ich habe von Fällen gehört, wo der Mann 4 Jahre nach der Scheidung wiederkam. Das käme für mich natürlich nicht in Frage, denn bis dahin ist man sich völlig fremd. Bitte sagen Sie mir, wie lange der Umdenkprozess dauern kann, wann „Mann“ sich endgültig entscheidet. Bei unserer Aussprache erzählte er mir ja, dass es mit der Neuen auch nicht alles rosig, sondern mehr ein Auf und Ab ist.
Ich weiß, daß es keine Garantie gibt, dass er überhaupt umkehrt. Darum möchte ich mich hier auch nicht sinnlos blockieren, denn es ist gelebte Zeit, für mich sinnlos gelebte Zeit.
Sollte ich, wenn er anruft, ans Telefon gehen? Sollte ich für ihn erreichbar sein oder nicht? Falls nicht, sieht das eher aus wie „Vergeltung“? Wie lange sollte ich ihn jetzt (außer in familiären Notfällen) nicht von mir aus nicht kontaktieren? Ich bin sehr ungeduldig und möchte unseren Neubeginn lieber gestern als morgen starten. Da ich nur noch Angst habe, kann ich mit Zeit nicht mehr rational umgehen.
Wie lange nach dem Brieferhalt kann ich noch hoffen? Mein Mann ist kein großer Briefeschreiber. Es könnte gut sein, daß er gar nicht reagiert. Auf meine E-Mails hat er auch nie geantwortet. Ich wusste nie, ob er sie gelesen hat. Für Ihren Rat wäre ich ihnen wieder sehr dankbar, weil mir der erste doch sehr weitergeholfen hat, nicht so kopflos zu handeln und wieder Hoffnung zu schöpfen. Ich möchte meinem Mann die Zeit geben ohne Druck, möchte aber auch wissen, ab wann es nur noch Dummheit und sinnlos ist. Danke!
Silke (42)
Liebe Silke,
zu Ihren Fragen:
„Sollte ich, wenn er anruft, ans Telefon gehen? Sollte ich für ihn erreichbar sein?“
Zweimal ja. Ich meine damit aber „überhaupt erreichbar“ und nicht, dass Sie sklavisch neben dem Telefon warten sollen.
Und falls er kommt, um etwas abzuholen, dann geben Sie Ihr Bestes (!), freundschaftlich zu sein und auch keine Ich-mach-dir-jetzt-ein-schlechtes-Gewissen-Miene zu machen.
„Wie lange sollte ich ihn jetzt (außer in familiären Notfällen) nicht von mir aus nicht kontaktieren?“
Schicken Sie den Brief am besten an seine Arbeitsstelle. Falls das absolut nicht geht, senden Sie eine Email. Und dann warten Sie.
„Wie lange nach dem Brieferhalt kann ich noch hoffen?“
Selbst wenn er kein Briefeschreiber ist und auf Ihre Emails nie reagiert hat: Wenn Sie irgendwie noch in seinem Herzen sind und wenn er noch ein klitzekleines Bisschen eine Chance für Sie sieht, dann wird er innerhalb von sechs Wochen auf den Brief reagieren.
Ich vermute, dass er schon vorher vorbeikommt, wegen des Hauses. Dann könnten Sie ihn drauf ansprechen, was er zu dem Brief meint.
„Ich möchte meinem Mann die Zeit geben ohne Druck, möchte aber auch wissen, ab wann es nur noch Dummheit und sinnlos ist.“
Offensichtlich kommen Ihr Mann und die Neue doch gut genug miteinander aus, dass sie schon 8 Monate geschafft haben. Ganz schlecht kann es also nicht sein, sonst wäre er schon nach 3 bis 4 Monaten da wieder weggegangen.
Auf jeden Fall halte ich vier Jahre für eine viel zu lange Wartezeit; selbst die 2 – 3 Jahre, die Ihre Paarberaterin veranschlagt hatte, finde ich zu lange. Denn Sie haben recht: Sie sollten sich „nicht sinnlos blockieren, denn es ist gelebte Zeit, sinnlos gelebte Zeit“.
Deshalb rate ich Ihnen: Gedulden Sie sich noch drei Monate. Fangen Sie an, sich abzulenken, nehmen Sie alles in Angriff, was Sie schon lange tun wollten. Gehen Sie, so viel es geht, unter Leute. Belegen Sie Kurse bei der Volkshochschule usw. Sollte er sich bis dahin kein bisschen auf Sie zubewegt haben, sollten Sie anfangen sich zu lösen. Ihn loszulassen.
Und wenn das Jahr um ist ohne ein positives Zeichen von ihm, dann feiern Sie Silvester mit irgendeinem „Ritual“, das Ihnen hilft, das alte Leben abzuschütteln und in ein neues zu starten. Das bedeutet ja noch nicht, dass er dann quasi für Sie gestorben sein muss. Sondern dass Sie auch ohne ihn gut zurechtkommen.
Alles Gute
Beatrice Poschenrieder