Sie hat alle möglichen Psychosen und macht mir dauernd die Hölle heiß

Meine Freundin hat einen Mords Vogel, trotzdem liebe ich sie…! Aber es ist anstrengend mit ihr, ständig will sie was

Sie hat viele psychische Probleme, hat ihr Leben nicht im Griff, trotzdem bildet sie sich was ein

Hallo Beatrice!
Ich habe mich vor ca 1 1/2 Jahren in eine Frau verliebt, die in meinem Betrieb ein Praktikum absolvierte. Ynes ist 15 Jahre jünger als ich, also jetzt 24.
Ich hatte mit meinen Gefühlen aus verschiedenen Gründen große Probleme (habe in der Zeit – drei Monate – 16 Kilo abgenommen). Wir wurden am Ende ihres Praktikums ein Paar und ich trennte mich von meiner Frau, mit der ich seit Jahren wegen meiner Tochter zusammengelebt habe. Auch Ynes hatte einen Freund, von dem sie sich dann trennte.
Wir sind, weil es sich anbot und wir unsere gemeinsame Zeit genossen haben, für einige Zeit zusammengezogen (zur Zeit studiert sie in einer anderen Stadt.) Ich habe Gefühle mit Ynes durchlebt, die ich zuvor noch nicht hatte, auch schlechte wie große Eifersucht, allerdings hat sie mir auch Grund gegeben, sie hat (betrunken) mit ihrem Ex geknutscht und wohl auch ein bisschen mehr. Auch als es mir schlecht ging, weil ich meiner Tochter sagen musste, dass ich ausziehe, hat sie auf Anrufe oder SMS nicht reagiert, sie hatte sich mit ihrem Ex getroffen, diese und verschiedene andere Sachen haben mein Vertrauen gestört.
Es stellte sich kurze Zeit später heraus, dass sie unter einer Angsterkrankung (Panikattacken) leidet, auch Zwänge gehören dazu (Ordnungszwang). Das erklärte mir, warum sie immer so angespannt ist, sich einiges nicht traut und vieles mehr. Ich habe in dieser Zeit wirklich alles für sie getan, Anrufe erledigt, Bewerbungsschreiben entworfen, den Haushalt, bin früher und auch zwischendurch von der Arbeit gekommen, weil sie es alleine nicht aushielt (wobei sie sagte, dass sie sich nach mir sehnt). Finanziell bin ich der Alleinverdiener. Ich habe nach und nach den Therapeuten-Blickwinkel eingenommen, zweifle an ihrer Liebe, denke, dass sie mich “nur” braucht.

Streitereien, weil ich ein Wochenende mit meiner Tochter weg wollte, und vieles mehr, fand ich irgendwann nur noch zum Kotzen. Ich habe alles Helfen irgenwann eingestellt – wir haben darüber geredet und sie hat einen Psychotherapie-Anlauf genommen, weil es alles nur noch schlimmer macht. Aber mit der Therapie geht es zur Zeit nicht weiter (Klinikaufenthalt geplant) und unsere Beziehung steckt in einer Krise.
Ich habe das Gefühl, dass sie oft an mir herumnörgelt: ich achte nicht genug auf mein Aussehen, ich mache nicht genug im Haushalt, was zum Teil stimmt, aber sie lässt mir auch keine Gelegenheit! Wenn sie in der gemeinsamen Wohnung ist, hat sie Zeit, weil sie nicht arbeitet und weil sie es nicht aushält, wenn der Abwasch vom Frühstück auf der Spüle steht; oder wenn ein Tag nicht gesaugt wurde, erledigt sie es. Sogar das Kochen (habe ich bisher immer gemacht) macht sie selbst, da sie mittags essen möchte und ich erst abends nach Hause komme (ich bin selbständig und arbeite zur. zeit ca zehn Stunden /Tag).
Wir streiten uns ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten. Sind wir unter der Woche alleine, vermisse ich sie und sehne mich nach ihr, andererseits habe ich manchmal Angst vor dem Wochenende. Vier Tage frei (z.B. Ostern), davon geht es ihr an zwei Tagen so schlecht, dass sie nur in sich gekehrt ist, wenig Lust zu irgendwas hat, mir aber Vorwürfe macht, dass ich mich nicht genug um sie kümmern würde… sie möchte kuscheln, ich soll sie beruhigen, sie sagt z.B. “du willst nicht mich, sondern dass es dir gut geht” (und sie sagt ja auch, dass es ihr bei mir meistens besser/gut geht), ich möchte aber kein ängstliches Bündel im Arm, bin dann genervt, und wir streiten.
Sie sagt, ich müsse mich ändern, wenn ich keinen Streit will, sie müsse sich auch ändern, sie sagt, dass sie nie etwas sagen dürfe, ohne dass ich gleich hochgehe… Es stimmt, dass ich oft genervt von ihr bin: immer dann, wenn ich ihr Verhalten als Ausdruck von Hilflosigkeit oder Zwängen sehe. Ich soll ihr ein Pflaster aus dem Bad holen (sie schafft es nicht alleine, weil sie Angst im Dunkeln hat), ich weiß nicht, wie oft ich schon mit ihr auf Toilette gehen musste oder kleine Spinnen töten oder andere Sache erledigen musste! Sage ich mal nein, weint sie, ist sauer, ich hole ihr Pflaster trotzdem nicht – wieder Streit, auch am nächsten Morgen noch, sie ist enttäuscht von mir, fühlt sich nicht mehr geliebt, unser Abschiedskuss fällt kühl aus, ich gehe, ohne etwas zu sagen.
Sie klagt, dass ich nach einem Streit nicht auf sie zukommen würde, aber ich bin dann ja etwas genervt und mir ist zum Heulen. Ich merke, dass ich depressiv werde. Mir wäre es vor ein paar Tagen im betrunkenen Kopf völlig egal gewesen, ob ich überfahren werde oder nicht, und ich habe es fast darauf angelegt.
Die Ängste nehmen einen zu großen Raum ein in unserer Beziehung. Ich denke oft, dass sie mich nicht versteht, wir reden viel über sie, aber kaum über mich, und wenn, dann gibt sie mir Ratschläge oder ähnliches. Sie fühlt sich schrecklich ihren Ängsten und Panikgedanken ausgeliefert, sehr klein und hilflos; es hilft ihr sicher nicht, wenn ich ihr gegenüber genervt bin. Ich bin es aber – ich stöhne auf, wenn sie mich fragt, ob sie vielleicht nicht doch eine Herzerkrankung hat oder ob sie die Vogelgrippe bekommt, wenn sie jetzt Hühnchen isst.
Es tut mir leid, wir streiten zu oft, wir versöhnen uns aber immer wieder; sie sagt, dass sie mich liebt, und dann sind wir uns sehr nahe, ich möchte diese Nähe aber auch wenn wir uns nicht gestritten haben.
Sie wirft mir außerdem vor, dass ich diese Ängste erst so schlimm gemacht hätte, indem ich sie darauf angesprochen habe (sie hat sie aber schon seit Jahren!).

Ich denke zwischendurch an Trennung, aber ich liebe sie.
Vielleicht bin ich zu alt für sie (auch wenn ich recht jung geblieben bin). Vieleicht fühlt sie sich in der Beziehung zu abhängig und nörgelt deswegen an mir herum und wir streiten.

Ich glaube, ich würde mir den Rat geben, zu einem Psychotherapeuten zu gehen… was meinst du zu unserem Dilemma?
Liebe Grüße, Thorsten (39)

Hi Thorsten,
du bist zu Recht genervt und gefrustet, denn statt einer ebenbürtigen Partnerin und einer Beziehung, die dir etwas gibt, hast du dir eine Mischung aus Kleinkind und Patientin aufgeladen. „Aufgeladen“ im wahrsten Sinne des Wortes, denn du hast da eine große Last zu tragen.
Mit der größten Selbstverständlichkeit erwartet deine Freundin, dass du auf all ihre Wehwehchen, Macken und Seelenleiden Rücksicht nimmst, ja diese sogar schulterst, und dich komplett auf sie einstellst. Es kommt sogar der Verdacht auf, als ob sie immer noch mehr solcher „Leiden“ entwickelt (oder zumindest das Bestehende fleißig kultiviert), aus dem einfachen Grund: es bringt ihr eine Menge Vorteile. Nämlich dass sie von vorn bis hinten betüddelt und verhätschelt wird und sich alles um sie dreht.
Insofern handelst du völlig logisch, dass du dich wehrst und dich ab und zu verweigerst. Aber was tut sie dann logischerweise? Sie hat ja eine gute Ausrede: sie KANN JA NICHTS für ihre Leiden! und wenn du nicht auf sie eingehst, bist du der Buhmann! du bist rücksichtslos und egoistisch und liebst sie nicht mehr! Im Gegenteil, du trägst ja sogar dazu bei, dass es bei ihr immer schlimmer wird!!!
Das ist ein Scheißspiel, du fühlst dich ständig „emotional erpresst“ und manipuliert (was es ja auch ist) und ich kann dich gut verstehen, dass du das alles oft nur noch „zum Kotzen“ findest. Aber solange du auch nur teilweise mitspielst, wird sie das auch weiter durchziehen.

Zu Recht zweifelst du an ihrer Liebe, denkst, dass sie dich “nur” braucht! Es gibt sehr viele Punkte in deinem Brief, die das zeigen, u.a. dass sie sehr viel fordert und nimmt, aber wenig gibt, dass sie an dir herumnörgelt, dass sie dir VIEL ZU VIEL zumutet!

Ich denke auch nicht, dass DU dich ändern oder eine Therapie machen musst (außer, um von ihr loszukommen) oder dass es an deinem Alter liegt. Das Problem ist, dass du dich in eine Frau verliebt hast, die dir nie eine ebenbürtige, gebende Partnerin sein wird. Es kann sein, dass ein Teil in deiner Seele von ihrer Bedürftigkeit profitiert (vermutlich hast du ein bisschen das Helfersyndrom, d.h. du fühlst dich wichtig und gebraucht, wenn du helfen kannst), aber letztendlich wirst in Sachen Liebe immer du der Bedürftige bleiben. Immerhin möchtest auch du dich manchmal anlehnen, möchtest aufgebaut werden, möchtest Kraft tanken in deiner Beziehung. All das wird mit Ynes nie möglich sein, denn sie ist emotionell noch ein Kind, und zwar ein sehr verstörtes.
Du spielst bereits den Therapeuten, aber das kannst du nicht leisten und solltest es auch nicht. Ynes braucht eine ausgewachsene Therapie bei einem guten Spezialisten.
Ich rate ungern zur Trennung, aber in deinem Fall tu ich es doch, zumal du bereits selbst eine Depression entwickelst – das ist ein deutliches Zeichen, dass man loslassen muss. Denn solange Ynes noch einen hat, der sie auffängt und stützt, wird sie nie die entscheidenden Schritte anpacken, um ihre seelischen Störungen in den Griff zu kriegen.
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Alles Gute
Beatrice Poschenrieder

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