Hab mich endlich von Tom getrennt, aber er lässt nicht locker

Liebste Beatrice,
ich hatte dir schon einmal geschrieben. Ich bin die Frau mit dem Helfersyndrom (“Helfersyndrom: Statt bei dem, den ich liebe, bin ich bei dem, der mich braucht”).
Ich habe es getan. Ich habe mich kurz nach deinem Brief von Tom getrennt. Das war kein Pappenstiel, denn er war danach fast 4 Wochen lang fast jeden Tag bei mir, um auszudiskutieren, was schief gelaufen ist. Wir haben geredet, nein, er hat geredet, bis er mir das letzte bisschen Kraft geraubt hatte. Aber ich bin bis heute stark geblieben.
Danach hatten wir uns bis letzte Woche nicht gesehen, doch dann rief er an und meinte, dass ich ihm als Mensch fehlen würde und dass er gerne mit mir befreundet wäre. Das ist theoretisch ganz toll, doch leider verwirrt mich das, denn wir reden über alles, wie früher, bevor wir ein Paar waren. Wir lachen wieder gemeinsam und ich fühle mich verunsichert dadurch, dass er eventuell eine neue Freundin haben wird. (Er flirtet mit einem Mädel, das total lieb ist). Er scheint ein neuer Mensch zu sein, so voller Selbstbewusstsein, und das finde ich einfach toll. Es ist so ein Durcheinander, denn ich habe mich so wohl ohne seine Gegenwart gefühlt, wie schon lange nicht mehr. Warum also dann diese wirren Gedanken, wie kann ich sie mir erklären? Nein, besser, wie kann ich sie wieder los werden?

Du fragst dich bestimmt, was mit dem Mann in Kanada, den ich liebe, passiert ist (Nick). Ich werde ihn in knapp 7 Wochen sehen. Das Problem ist, dass ich mittlerweile sehr verunsichert bin. Wenn wir telefonieren oder online reden, dann weiß ich, dass er der Richtige ist, aber wehe, wenn ein Tag ohne Kontakt vergeht und an dem mir Tom auch noch über den Weg gelaufen ist. Dann kommen die Zweifel.
Kannst du vielleicht mit deiner objektiven Art etwas Dunkel ins Licht bringen? Ich kann mit niemanden mehr darüber reden, denn ich habe schon lang genug all meine Freunde damit genervt. Ich kann ihnen diese Bürde doch nicht immer und immer wieder aufhalsen. Darum wende ich mich an dich.
Danke, du warst letzes Mal meine Rettung und darum wäre es schön, wenn ich auch hier einen kleinen Arschtritt kriegen könnte.
Zarah (24)

Hi Zarah,
du willst einen Arschtritt? Kannst du haben! Mensch Mädel, mach bloß keinen Mist! Ich bin stolz auf dich, dass du dir diesen Psychopathen endlich vom Hals geschafft hast, aber muss dich gleichzeitig tadeln: du bist immer noch viel zu weich! Wochenlang mit diesem Kerl rumzudiskutieren, obwohl doch längst alles klar war! Meine Güte, du musst endlich wahr haben, was dir – DIR PERSÖNLICH, NIEMANDEM ANDERS -­ gut tut, und das auch durchsetzen. Ich hab´s ja schon mal gesagt: du bist nicht verantwortlich für das Seelenheil anderer.
Eigentlich hättest du den Kontakt zu Tom radikal abbrechen sollen. Wäre für dich und für ihn das Beste gewesen. Tu es jetzt. Du bist schon wieder dabei, weich zu werden, aber der Typ wird dich wieder aussaugen wie ein verdammter Blutegel.
“Freundschaft”, hah! Was brauchst du die Freundschaft von einem, der dir deine Kraft raubt. Er ist ein Scheiß Parasit. Sorry dass ich das so hart sage, aber ich hatte auch schon mit solchen Leuten zu tun. Sie schmeicheln dir und kitzeln dein Ego und geben dir das Gefühl, gebraucht zu werden und “wertvoll” zu sein, aber letztendlich saugen sie dich nur leer. Und wehe, du wendest dich ab.
Braucht man solche Freunde? NEIN!!!!!!!!! Man sollte einen weiten Bogen um sie machen. Außerdem kann man nicht mit jemand befreundet sein, der mehr von einem will. Auch in der Hinsicht ist es besser, ein paar Monate komplette Funkstille zu haben.
Und noch was. Tom ist kein “neuer Mensch” und das Selbstbewusstsein ist nur Fassade; die fällt ihm jetzt leichter, weil er nicht mehr ganz so abhängig ist von dir.

Mein Rat: Spar dir die Zeit mit Tom und verwende sie darauf, neue Freunde zu finden. Oder kümmere dich intensiver um deine anderen Freunde. Triff dich mit ihnen, hab Spaß, lenk dich ab, geh deinen Hobbies nach, lerne was Neues. Und überbrücke so die Zeit, bis du Mr. Right (Nick) siehst. Lass dich nicht verunsichern, wenn er sich mal nicht meldet. Bei so einer Entfernung ist es ganz normal, wenn man mal den einen oder andern Tag nichts voneinander hört.
Kannst du denn nicht schon früher zu ihm?
Alles Gute
Beatrice Poschenrieder

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