Aus Unsicherheit tue ich immer wieder Dinge, die meine Partner vertreiben

Aus Angst etwas falsch zu machen und dann zurückgewiesen zu werden, ist sie gegenüber ihren Partnern misstrauisch, unehrlich, kompliziert, streitsüchtig

Liebe Beatrice!
Es geht um etwas, was mir immer wieder passiert, und es geht um meinen jetzigen Ex. Wir waren ein paar Monate zusammen, dann zog er sich einfach zurück. Er sagte, es wäre zu schwierig mit mir. Ich weiß, dass ich schwierig bin. Ich habe immer Angst etwas falsch zu machen und dann zurückgewiesen zu werden. Deshalb habe ich in der Beziehung Sachen erfunden und ich war auch misstrauisch, und ich hab öfters einen Streit provoziert, bis er es nicht mehr aushielt.
Ich lese Beziehungsratgeber, aber ich kann die Tipps darin nicht umsetzen. In den meisten steht, dass eine Frau sich nicht von ihrem Partner abhängig machen soll, sondern unabhängig bleiben soll. Tja. Ich zeig immer, dass ich alles alleine schaffe, dass ich keinen Mann brauche, dass es mir ohne auch gut geht. Jetzt hab ich gerade in einem anderen Buch gelesen, eine Frau soll annehmen, was ein Mann zu geben hat, annehmen und weiblich sein. Woanders wiederum heißt es, man bzw. frau darf ja nicht viel von sich geben, soll nur schwer zu kriegen zu sein, das tu ich immer. Aber das hilft auch nicht.

Also worum es eigentlich geht, ist, dass mein Ex und ich gestern ein langes Gespräch am Telefon hatten. Und er hat mich gefragt, ob wir uns mal wieder treffen. Ich sagte, „Können wir ja irgendwann, melde dich halt“.
Ich weiß nicht, ob er es jetzt macht. Aber ich habe Angst davor. Also genaugenommen hab ich sowohl Angst, ihn zu treffen und wieder alles falsch zu machen, als auch Angst, dass er sich jetzt ewig nicht meldet und ich mich dann wieder ganz mies fühle.
Hast du noch Tipps für mich, dass ich das schaffe? Dass ich es nicht wieder falsch mache? Ich bin so blöd, dass ich schon jetzt wieder nervös werde, ob er überhaupt anruft.
Beste Grüße, Susanne (38)

Liebe Susanne,
du verstrickst dich in Lügen und Ängste, weil etwas in deinem Innern befürchtet, dass du nicht liebenswert bist und dass du zurückgewiesen werden wirst, wenn deine „Macken“ und Ängste zum Vorschein kommen. Dem ist aber nicht so! Oft wird ein Mensch erst durch seine Schwächen liebenswert!
Vielleicht wurde dir in deiner Kindheit vermittelt, dass du, wenn du nicht „perfekt“ bist beziehgsweise wenn du den Erwartungen nicht entsprichst, auch nicht geliebt wirst. Wenn ja, dann musst du bewusst versuchen, das zu „verlernen“.

Die „Beziehungstipps“, die du nennst, weisen zu extreme Positionen auf. Du solltest weder zu wenig geben/ zu schwer zu kriegen sein/ zu unabhängig sein, noch solltest du zu viel “annehmen” (akzeptieren) und das duldsame Weibchen spielen. Worum es bei guten Beziehungsratgebern im Kern geht, ist: Du darfst nicht emotional vom Mann abhängig sein, also dein ganzes Lebensglück und dein seelisches Befinden von deinem Partner und seinem Verhalten abhängig machen. Gleichzeitig musst du ihn und seine Art weitgehend akzeptieren, denn wenn seine Art und seine Eigenheiten dir nicht gefallen, passt er gar nicht zu dir und du bist nur mit ihm zusammen, um einen Partner zu haben, aber nicht, weil du ihn liebst wie er ist. Das spürt ein Mann ziemlich schnell und zieht sich dann zurück. Der allerbeste Beziehungsratgeber in dieser Hinsicht, wo das alles haarklein und sehr exakt beschrieben wird, ist «Das Geheimnis, wie sich ein Mann wieder in Sie verliebt: Wie Sie ihn wieder an sich binden, wenn er sich von Ihnen emotional entfernt hat».
Aber diese beiden o.g. Kernpunkte sind fast nicht umzusetzen, wenn man zu wenig Selbstwertgefühl hat – denn dann wird man automatisch emotional abhängig von Partnern und potenziellen Partnern.

Super für dich wären also auch Bücher, die dein Selbstwertgefühl stärken. Denn je mehr du dich selbst für liebenswert hältst, umso weniger wirst du Dinge tun, die deinen Partner wegtreiben.
Wenn man sich NICHT für liebenswert hält, tut man zum Beispiel folgendes:
– Man ist übermäßig empfindlich und unterstellt dem anderen oft negative Absichten, obwohl dieser es gar nicht so gemeint hat.
– Man ist übermäßig eifersüchtig, weil man im Innersten befürchtet, er könne jede x-beliebige andere toller finden und einen dann wegwerfen.
– Man klammert oder
– tut das Gegenteil, nämlich den Partner wegdrücken, damit man nicht so verletzt wird.
– Man jammert dauernd über seine Makel (zum Teil in der heimlichen Hoffnung, dass er einen beruhigt).
– Man verbirgt seine (angeblichen) Schwächen durch Lügen oder anderes Verhalten, was der Partnerschaft nicht gut tut.
– Gepeinigt von diversen Ängsten, reagiert man hysterisch oder aggressiv oder steigert sich sonstwie in eine blöde Stimmung hinein.
– Aus lauter Angst vor dem Verlassenwerden vertraut man dem Partner nicht oder tut andere Dinge, die ihn kränken.

Ratgeber-Bücher für diese Thematik gibt´s ja sehr viele – ich mach dir hier unten mal einen Vorschlag rein: «Das Kind in dir muss Heimat finden: Der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Probleme».
Noch etwas… Ich weiß ja nicht, in welcher Stadt du wohnst, aber falls es eine größere ist, dann mach mal spaßeshalber einen Probe-Termin bei einer Psychotherapeutin. Falls die Therapeutin und du auf einer Wellenlänge seid, bringen bereits die ersten Sitzungen eine Menge.

Und was dein Treffen mit deinem Ex betrifft, hab ich einen sehr wichtigen Tipp:
Hör auf zu lügen und zu verbergen, sondern trau dich, deine Ängste zuzugeben. Er wird anfangen, dich zu verstehen, und es wird ihn eventuell rühren, dass du ein sehr sensibler, verletzlicher Mensch bist.
Alles Gute
Beatrice Poschenrieder

Hier geht´s zur Fortsetzung: Aus Unsicherheit tue ich immer wieder Dinge, die meine Partner vertreiben (Teil 2)

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