Seine Mutter macht mir das Leben zur Hölle, aber er will nicht daheim ausziehen

Mein Freund wohnt noch zuhause, ich lebte eine Zeitlang auch dort, zog aber wieder aus, weil seine Mutter alles und jeden kontrollieren will

Seine Mutter mag mich nicht, lehnt mich ab, macht Terror

Liebe Beatrice,
die Mutter meines Freundes macht mir das Leben zur Hölle! Was kann ich dagegen tun?
Begonnen hat alles letzten März. Mein Freund und ich (wir sind 2 1/2 Jahre zusammen) haben etwas länger als ein Jahr bei seinen Eltern gewohnt. Ich bin dort eingezogen auf sein Drängen und das seiner Familie. Doch ich merkte bereits nach ein paar Wochen, dass seine Mutter über alles und jeden die Kontrolle haben muss. Wir durften unsere eigene Wäsche nicht waschen oder bügeln, alles hat sie erledigt. Zuerst sagte sie immer, sie würde es gern machen, doch dann hielt sie uns vor, was sie alles für uns tun würde. Außerdem mussten wir jeden Tag pünktlich um 12 Uhr beim Essen sein, sonst war seine Mutter nicht mehr zu bremsen vor Wut. Außerdem musste sie über alles bescheid wissen, was wir tun und wohin wir gehen. Einladen durfte ich mir auch keine Freunde, außer ich hatte es mindestens eine Woche im Voraus gesagt.
Meinen Freund habe ich nie spüren lassen, wie sehr ich unter dem Kontrollwahn seiner Mutter gelitten habe, nur meiner Mutter habe ich mich anvertraut. Tja, und im letzten März hat seine Mutter mich belauscht, als ich mich wieder mal meiner Mutter anvertraut hatte. Er war zu der Zeit nicht im Haus und hat das ganze Theater nicht mitbekommen. Seine Mutter war natürlich richtig sauer und hielt mir wieder vor, was sie alles für mich getan hat. Als er nach Hause kam, habe ich ihm alles erzählt und er hat sofort gesagt, dass wir uns eine eigene Wohnung suchen und ausziehen.
Doch sie hat am Tag darauf mit uns beiden gesprochen und gesagt, ich könnte weiter dort wohnen bleiben, wenn ich folgende Bedingungen akzeptiere: Mit meiner Mutter darf ich nur noch über alltägliche Sachen sprechen, Freunde darf ich nur einladen, wenn sie damit einverstanden ist und selbständige Entscheidungen würde es in dem Haus nicht geben, weil wir eine “Familie” sind.
Das waren für mich aber keine Bedingungen, mit denen ich leben konnte, und habe mir daraufhin eine Wohnung gesucht. Mit meinem Freund habe ich besprochen, dass er nicht auszieht, weil er zu der Zeit kurz vorm Abi stand. (Jetzt macht er ein freiwilliges soziales Jahr.) Seit meinem Auszug ist es noch schlimmer geworden: Wenn ich bei meinem Freund bin, ist alles, was ich sage oder tue, falsch, wenn er nicht da ist, ist sie richtig gemein zu mir, und ihm gegenüber sagt sie, sie würde mich mögen.
Im Juni hat sie mir dann Hausverbot erteilt, weil ich am Wochenende nicht dort war beim Essen. Mein Freund war dann kurz wieder auf meiner Seite, aber kaum ist seine Mutter nett, ist sie für ihn wieder Mutter Theresa. (An meinem Geburtstag war das Hausverbot dann wieder aufgehoben.) Im Juli hatte ich wegen ihr einen Nervenzusammenbruch, weil sie ihm und mir verboten hat, uns zusammen ein Radio zu kaufen. Das allein war nicht der Grund, aber ausschlaggebend, nach dem ganzen Terror zuvor.
Er ist auf seine Eltern angewiesen, aber ich verstehe ihn trotzdem nicht. Er hat ein eigenes Auto, für das er bezahlt, aber es ist auf den Namen seines Vaters angemeldet, wegen der Versicherung. Er wollte mir das Auto für meine Einkäufe überlassen, solange er das soziale Jahr macht, doch seine Mutter hat gesagt, dass sie das Auto abmelden, wenn ich damit fahre.

Nach dem Nervenzusammenbruch musste ich Medikamente nehmen und bin gar nicht mehr hingegangen. Ende August wollte sie eine Aussprache und ich habe mich aus Liebe zu meinem Freund darauf eingelassen. Doch sie hat mir nur vorgeworfen, ich würde ihre Familie zerstören und durch mein Nicht-mehr-Kommen würde ich meinen Freund zu einer Entscheidung zwischen seiner Familie und mir zwingen.
Über eine Stunde lang machte sie mir nur Vorwürfe, doch dann hat sie sich entschuldigt und war für meinen Freund wieder eine Heilige.

Ich habe meinen Freund nie zu einer Entscheidung gedrängt, ich weiß, wie viel ihm seine Familie bedeutet, aber ich hatte gehofft, dass er irgendwann alleine begreifen würde, was seine Mutter mir und damit auch unserer Beziehung antut.
Der Frieden hielt zwei Wochen an, dann ging es wieder los. Aber sie verhielt sich nur mir gegenüber so böse, und wenn ich mit ihm darüber reden wollte, sagte er mir, ich wäre streitsüchtig und könnte nicht damit klar kommen, dass alles in Ordnung ist.
Also habe ich meinen Mund gehalten, bin weiterhin jeden Sonntag zum Essen hingegangen, bis ich wiedermal total am Ende war. Ich hatte jedesmal Bauchschmerzen, wenn ich nur in die Nähe des Hauses kam.
Kurz vor Weihnachten schien sie sich zu ändern, aber auch das hielt nur zwei Wochen. Ich versuchte wieder mit ihm darüber zu reden, doch er blockte ab. Er sagte, seine Mutter wäre gar nicht so schlimm und man könne mit ihr auskommen, ich würde immer übertreiben. Er kann mich überhaupt nicht verstehen und wir streiten uns nur noch! Im ersten Augenblick sagt er mir, dass ich nicht mehr zu seiner Familie gehen muss, wenn es mir so schlecht dabei geht, aber danach sagt er dann, es wäre schön gewesen, wenn ich doch dort gewesen wäre. Er sagt, er braucht seine Familie um sich herum und es wird ihm langsam zu viel, dass wir immer nur in meiner Wohnung sind. Außerdem wäre unsere Beziehung nur noch “gezwungen”.
Ich weiß echt nicht mehr weiter. Ich hatte so gehofft, er wäre wirklich ganz auf meiner Seite, nachdem er letztes Jahr gesagt hat, wir ziehen zusammen aus. Doch so wie es aussieht, wird er sich nie von seiner Familie abnabeln können, und ich gehe daran kaputt. Ich liebe ihn wirklich sehr, und ich möchte auch von ihm geliebt werden, aber das Gefühl habe ich leider nicht mehr.

Bis Ende März ist er noch beim Sozialjahr, und wie es danach weiter gehen soll, weiß ich nicht, denn da ist er jeden Tag daheim, und mir fällt es an den Wochenenden schon schwer, zu ihm nach Hause zu gehen.

Ich sollte vielleicht erwähnen, dass seine Mutter Hausfrau ist und es für sie nichts Schöneres gibt als Kochen und Fernsehen. Mein Freund hat noch zwei Brüder, der eine ist ein Jahr älter (23), wohnt auch noch daheim, und der andere ist 17 (der absolute Liebling, da er das Nesthäkchen ist und auch wie ein Fünfjähriger behandelt wird). Sein Vater steht unter dem Pantoffel und hat nichts zu melden daheim.

Ich weiß nicht mehr weiter, ich will mit meinem Freund so gern zusammen wohnen und mit ihm unser eigenes Leben leben, aber ich habe das Gefühl, dass er nie vorhatte, jemals von daheim auszuziehen. Er will jetzt studieren und meint, er könnte sich das nicht leisten, aber ich arbeite ja auch neben dem Studium, ich weiß echt nicht, warum er nicht von daheim los kommt!

Hat unsere Beziehung noch eine Zukunft?
Liebe Grüße, Anna

Beatrice Poschenrieder, Cover Buch Mister Aussichtslos
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Liebe Anna,
die Kernsätze in deinem Brief sind:
“…wie es aussieht, wird er sich nie von seiner Familie abnabeln können, und ich gehe daran kaputt. Ich liebe ihn wirklich sehr, und ich möchte auch von ihm geliebt werden, aber das Gefühl habe ich leider nicht mehr.”
und:
“ich habe das Gefühl, dass er nie vorhatte, jemals von daheim auszuziehen”.
Solche Gefühle trügen selten. Und wenn dich daran aufreibst, solltest du dich lieber trennen. Dein Freund besitzt offenbar nicht genug Willensstärke, um sich gegen seine Mutter durchzusetzen und zu dir zu stehen, geschweige denn sich “abzunabeln” – ein sehr treffendes Wort, das du hierfür gefunden hast!

Vielleicht solltest du ihm ein sehr ernstes Ultimatum stellen: Entweder er setzt die in Aussicht gestellte gemeinsame Wohnung mit dir in die Tat um, oder ihr seid getrennte Leute. 2 1/2 Jahre Beziehung sind lang genug, um zu wissen, ob man den andern liebt und mit ihm leben will oder nicht.

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Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder

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